Die Nerven liegen blank FDP warnt Union vor Wahlbetrug
11.02.2010, 07:32 UhrIn der schwarz-gelben Koalition bahnt sich neuer Streit an: CSU und FDP haben grundsätzlich verschiedene Vorstellungen davon, welche Konsequenzen aus dem jüngsten Karlsruher Urteil zur Berechnung der Hartz-IV-Sätze gezogen werden sollen.

Die Nerven bei den Liberalen liegen blank: Miese Umfragewerte und ewige Positionskämpfe mit der Union zehren aus.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Vize-Kanzler Guido Westerwelle (FDP) will trotz der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze an seiner Forderung nach Steuersenkungen festhalten. Die Diskussion über das Karlsruher Urteil trage "sozialistische Züge", kritisierte der FDP-Chef in der Tageszeitung "Die Welt". "Wie in einem pawlowschen Reflex wird gerufen, jetzt könne es erst recht keine Entlastung der Bürger mehr geben, das Geld brauche man für höhere Hartz-IV-Sätze."
Auch Westerwelle Stellvertreter, Parteivize Andreas Pinkwart, warnt die Union im koalitionsinternen Streit um Steuersenkungen und Atomausstieg vor Wahlbetrug. Teile der Union wollten sich nach und nach von ihren Wahlversprechen absetzen, sagte er dem "Handelsblatt". Pinkwart kritisierte die Union, eine Steuerreform von der Steuerschätzung im Mai abhängig zu machen: "Wenn es um die Rettung von Banken oder Konzernen wie etwa Opel geht, ist irgendwie immer Geld da. Wenn es aber darum geht, denen mehr von ihrem Geld zu belassen, die den Karren ziehen, dann soll angeblich kein Geld da sein."
Hartz-IV-Urteil als Chance verstehen
CSU-Chef Horst Seehofer will das Karlsruher Hartz-IV-Urteil dagegen dazu nutzen, das Arbeitslosengeld II weitgehend neu zu regeln. So sollten die Zahlungen zum Beispiel an die regional unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten angepasst werden können, forderte er in der "Süddeutschen Zeitung". Auch müsse es künftig wieder möglich sein, Hartz-IV-Empfängern zu einmaligen Anschaffungen, wie beim Kauf einer Waschmaschine, Einmalzahlungen zukommen zu lassen. Die bisherigen Regelungen seien "eines Sozialstaats unwürdig", kritisierte Seehofer. Insgesamt rechne er damit, dass für den Bund höhere Kosten für Hartz IV entstehen werden. "Wir dürfen da nicht nur nach Kassenlage entscheiden", sagte er.
Westerwelle argumentierte dagegen: Statt über die Frage zu diskutieren, wer mehr staatliche Leistungen bekommt, sollten die Leistungen des Steuerzahlers in den Mittelpunkt gerückt werden. "Dieses Umsteuern ist für mich der Kern der geistig-politischen Wende, die ich nach der Diskussion über die Karlsruher Entscheidung für nötiger halte denn je."
Baden-Württembergs neuer Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) stellte mit Blick auf die Hartz-IV-Diskussion die bekannte Forderung auf, Leistung müsse sich in Deutschland wieder mehr lohnen. "Wer viel leistet, wer morgens aufsteht und arbeiten geht, der muss im Geldbeutel mehr haben als derjenige, der das nicht tut", sagte er der ARD.
Quelle: ntv.de, dpa