Justizministerkonferenz Fahrverbot soll Strafe werden
21.06.2010, 09:48 UhrDie Justizminister der Länder treffen sich in dieser Woche und die Vorschläge schießen ins Kraut. Die Justiz soll Körperverletzung und Diebstahl bald mit Entzug des Führerscheins bestrafen und elektronische Fußfesseln für entlassene und rückfallgefährdete Straftäter einführen. Derweil fordert das BKA Zugriff auf Vorratsdaten der Bürger.
Das Thema ist nicht neu, sorgt aber regelmäßig für Kontroversen: Die Justizminister der Länder wollen nach einem Zeitungsbericht den Führerschein als Hauptstrafe auch bei Delikten wie Diebstahl oder Körperverletzung einziehen.
Ein entsprechender Beschlussvorschlag stehe auf der Tagesordnung der am Donnerstag in Hamburg beginnenden Justizministerkonferenz. Bei einem Vorbereitungstreffen des Strafrechtsausschusses sei aus den meisten Bundesländern Zustimmung signalisiert worden. Bislang können Fahrverbote nur als Nebenstrafe zu einer Haft- oder Geldstrafe verhängt werden. In der Vergangenheit war der Vorschlag mit der Begründung abgelehnt worden, ein solches Fahrverbot treffe nur ausgewählte Straftäter mit Fahrerlaubnis und verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Busemann und Bosbach für Fahrverbote
Innerhalb der Union findet die Initiative Unterstützung. "Ein befristetes Fahrverbot ist deutlich spürbar, weil es die in unserer Gesellschaft so wichtige Bewegungsfreiheit einschränkt und dadurch auch eine Art Freiheitsentzug darstellt", sagte Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann von der CDU. Auch Parteikollege und Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sieht in Fahrverboten eine geeignete Strafe bei kleineren Delikten. "Selbstverständlich ist ein Fahrverbot eine empfindliche Sanktion. Das erleben wir ja jeden Tag vor deutschen Gerichten. Da wird ja mehr gekämpft gegen das Fahrverbot oder gar gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis als um die Höhe des Bußgeldes", so Bosbach.
Es wird darüber debattiert, zeitlich befristete Fahrverbote als Hauptstrafe neben Haft- und Geldstrafen auch bei Delikten wie Diebstahl oder Körperverletzung einzuführen. Fahrverbote seien natürlich keine Sanktion für schwere und schwerste Straftaten, erläuterte Bosbach. "Hier geht es um die sogenannte Alltagskriminalität." Es gebe immer wieder den Fall, dass Freiheitsstrafen nicht vollstreckt werden müssten, "aber eine Bewährungsstrafe nicht die gewünschte Wirkung hinterlässt, weil Bewährungen sehr oft missverstanden werden von den Tätern". Hier könnten Fahrverbote greifen.
Fußfesseln auf der Agenda
Auf der Agenda der Justizministerkonferenz stehen unter anderem auch eine Reformation des Urheberrechts und eine Diskussion über elektronische Fußfesseln für aus der Haft entlassene Gewalttäter, die als rückfallgefährdet gelten.

In Hessen ist die elektronische Fußfessel bereits seit mehr als zehn Jahren im Einsatz.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Vorsitzende der Justizministerkonferenz, Hamburgs Justizsenator Till Steffen zeigte sich zum Einsatz der Fußfesseln skeptisch. Bislang habe ihm noch niemand den Nutzen erklären können, sagte der Grünen-Politiker vor dem Treffen der Justizminister. Wenn ein Straftäter wirklich gefährlich sei, könne er nicht vom Rechner aus überwacht werden, sagte Steffen. Vielmehr müssten Polizisten dann in seiner Nähe sein. Andernfalls ließen sich neue Straftaten nicht verhindern.
BKA will Computerzugriff
Vor der Konferenz beklagt die Polizei auf Basis einer Erhebung durch die derzeit untersagte Vorratsdatenspeicherung Missstände bei Verbrechensaufklärung und Gefahrenabwehr. "Zahlreiche Beispielfälle belegen, dass wir ohne den Zugriff auf Vorratsdaten eine erhebliche Sicherheitslücke haben", sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke der "Rheinischen Post". Es gehe unter anderem um die Aufklärung von Kapitalverbrechen, um Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und um Internetkriminalität.
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen möglichst rasch der Polizei wieder den Zugriff auf Telefonverbindungsdaten ermöglichen. Die Fahndung nach Kriminellen sei erheblich erschwert worden, seitdem das Bundesverfassungsgericht die sogenannte Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt hat, wurde Ende Mai bei der Konferenz der Innenminister in Hamburg beklagt.
Kritiker sehen in der Datenspeicherung jedoch einen Angriff auf die persönliche Freiheit. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung betont: "Die Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellt die bislang größte Gefahr für unser Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben dar."
Quelle: ntv.de, dpa