Politik

Schnappauf stockt nicht auf Fleischabfälle aufgegessen

Bayern will nach dem neuen Ekelfleisch-Skandal die Zahl der regulären Lebensmittelkontrolleure nicht aufstocken. Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) wies Forderungen nach mehr Personal zurück. Er verlangte lediglich ein scharfes Durchgreifen der Behörden und den verstärkten Einsatz der neuen Spezialeinheit zur Aufdeckung krimineller Machenschaften.

Der Minister berief die zuständigen Mitarbeiter des Landratsamts Dillingen und den Regierungspräsidenten Schwabens, Ludwig Schmid, zu einer Sondersitzung ein. Er plädierte für eine konzertierte Wachsamkeit von der EU über die Behörden bis zu den Bürgern. Eine hundertprozentige Sicherheit vor Betrügereien in der Fleischbranche könne es aber nicht geben.

Das Döner-Ekelfleisch wurde von Berlin aus in acht weitere Bundesländer verteilt. Wie die Staatsanwaltschaft Memmingen und der Berliner Gesundheitssenat erklärten, ist der aus Bayern gelieferte Fleischabfall über einen Berliner Döner-Händler an Imbissbuden in der Hauptstadt, in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gegangen.

Der Abfall ist verzehrt

In einem Imbiss in Bremen konnten Kontrolleure aus einer Lieferung nur noch einen tiefgefrorenen Döner-Spieß sicherstellen. Aus weiteren Spießen seien vorsorglich Proben entnommen worden, erklärte die Bremer Gesundheitsbehörde. Die Berliner Gesundheitssenats-Sprecherin Marie-Luise Dittmar erklärte, es sei zu befürchten, dass zumindest ein Teil des von Berlin aus gelieferten Fleisches bereits verzehrt sei. Bei den Kunden des Döner-Herstellers werde zur Zeit nach dem Verbleib des Fleisches geforscht.

Nach Angaben der Berliner Behörde sind bisher vier Lieferungen von fast 14 Tonnen umetikettierten Fleisches nachgewiesen. Der Memminger Staatsanwalt Jürgen Brinkmann erklärte, der Leiter des Betriebes im bayerischen Wertingen habe aber selbst gestanden, in den letzten Wochen in sechs Lieferungen knapp 20 Tonnen minderwertiges Fleisch an einen Berliner Dönerhersteller geliefert zu haben. Dabei handelt es sich um sogenanntes K3-Material, das für den menschlichen Verzehr nicht mehr geeignet ist und nur von bestimmten Betrieben zu Tierfutter verarbeitet werden darf.

"Ordnungsgemäß deklariert"

Zuvor war das Fleisch von einem Händler im schleswig-holsteinischen Bad Bramstedt nach Bayern geliefert worden. Sowohl Staatsanwälte in Kiel als auch in Memmingen betonten, bisherigen Erkenntnissen zufolge habe der norddeutsche Händler das Fleisch nicht falsch etikettiert. "Nach unseren Erkenntnissen ist die Ware ordnungsgemäß deklariert worden - und zwar als Tierfutter", sagte der Kieler Staatsanwalt Uwe Wick.

Das Landratsamt in Dillingen wehrte sich unterdessen gegen einen Bericht des Bayerischen Rundfunks, wonach die Behörde Hinweisen eines Nachbarn auf verdächtige Lieferungen nicht nachgegangen sei. Landratsamtssprecher Hermann Stark sagte, ein Nachbar habe zwar zwei Mal einen Kontrolleur der Veterinärverwaltung auf Lieferungen an die Wertinger Firma in der Nacht und am Wochenende aufmerksam gemacht, Kontrollen hätten aber nichts ergeben. Der Kontrolleur habe dem Informanten sogar seine Privatnummer gegeben, mit dem Hinweis, er solle ihn und die Polizei im Falle einer verdächtigen Lieferung sofort Tag und Nacht anrufen. Der Nachbar habe aber nie angerufen.

Dagegen kritisierte der SPD-Politiker Herbert Müller: "Es ist nicht die Aufgabe des Bürgers, seine Hinweise lückenlos zu belegen, sondern es ist die Pflicht der Behörden, den Hinweisen nachzugehen." Der Grünen-Politiker Sepp Dürr forderte, nicht nur Hygienekontrollen durchzuführen, sondern auch die Geschäftsbücher verdächtiger Firmen zu prüfen.

Quelle: ntv.de

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