Politik

Karsais Konkurrent sagt ab Friedens-Dschirga droht Scheitern

Präsident mit Problemen: Karsais wichtiger Konkurrent wird nicht bei der Versammlung erscheinen.

Präsident mit Problemen: Karsais wichtiger Konkurrent wird nicht bei der Versammlung erscheinen.

(Foto: dpa)

Afghanistans Präsident Karsai will mit einer Versammlung von Hunderten Stammesführern die Aussöhnung mit Aufständischen einleiten. Vor dem Treffen sagt Oppositionsführer Abdullah allwerdings ab und betont, dass er sich nicht an mögliche Vereinbarungen gebunden fühle.

Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen wollen von diesem Mittwoch an 1600 Delegierte in der afghanischen Hauptstadt Kabul den Grundstein für eine Aussöhnung mit den Taliban legen. Die "Friedens-Dschirga" ist für drei Tage angesetzt. Zur Eröffnung wurde eine Ansprache von Präsident Hamid Karsai erwartet. Er hat die Aussöhnung mit den Taliban zur wichtigsten Aufgabe seiner zweiten Amtszeit erklärt.

Allerdings gab es noch vor Beginn der Konferenz einen herben Rückschlag. Der wichtigste afghanische Oppositionspolitiker Abdullah Abdullah und seine engsten Unterstützer wollen nicht an der "Friedens-Dschirga" teilnehmen. Abdullah stellte die Legitimität der Ratsversammlung in Frage.

Abdullah sagte bei einer Pressekonferenz in Kabul, er rufe nicht zum Boykott des Treffens auf, "aber wir werden nicht daran teilnehmen". Auf die Frage, ob er ein Ergebnis der Dschirga akzeptieren werde, sagte er: "Was auch immer entschieden wird, ist nicht bindend." Abdullah war bei der umstrittenen Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahre Amtsinhaber Hamid Karsai unterlegen.

Straffreiheit für Kämpfer

An der Ratsversammlung nehmen keine Aufständischen teil. Karsai erhofft sich breite gesellschaftliche Unterstützung für seinen Aussöhnungskurs und ein Mandat für den Beginn eines Friedensprozesses. Zur Dschirga hat die Regierung den Entwurf eines "Friedens- und Reintegrationsprogramms" (APRP) erarbeitet, das mit der Internationalen Gemeinschaft abgestimmt wurde.

Eine Amnestie soll es für einfache Kämpfer geben.

Eine Amnestie soll es für einfache Kämpfer geben.

(Foto: AP)

Einfachen Kämpfern soll dem 36-seitigen Papier zufolge Straffreiheit zugesichert werden, wenn sie die Waffen niederlegen und die Verfassung anerkennen. Anführern des radikal-islamischen Aufstands könnte unter anderem der Gang ins Exil angeboten werden, wenn sie sich vom Terrornetz Al-Kaida lossagen.

Dschirga-Sprecher Gul Agha Ahmadi sagte vor dem Treffen, unter den Delegierten seien Angehörige aller Volksgruppen und Regionen Afghanistans. Er hoffe, dass bald nach der Versammlung ein Friedensprozess beginnen könne. Die Taliban lehnen Verhandlungen vor einem Abzug der ausländischen Truppen bislang ab. Vor Beginn der Dschirga verübten sie mehrere Anschläge. Außerdem griffen sie die beiden größten Stützpunkte der internationalen Truppen in Afghanistan an.

Unverbindliche Versammlung

Die Konferenz wird umfassend gesichter.

Die Konferenz wird umfassend gesichter.

(Foto: REUTERS)

Bei dem Treffen handelt es sich nicht um eine Loja Dschirga, eine Große Ratsversammlung. Einberufung und Teilnehmer der Loja Dschirga sind in einem eigenen Verfassungskapitel geregelt. Die Loja Dschirga ist demnach "die höchste Manifestation des Willens des afghanischen Volkes". Die nun von Karsai einberufene Versammlung hat keinen bindenden Charakter, aber dennoch hohe Symbolkraft.

Die "Friedens-Dschirga" hätte bereits Anfang Mai stattfinden sollen, wurde dann aber wegen technischer und logistischer Probleme auf Ende Mai und schließlich Anfang Juni verschoben. Sie findet wegen befürchteter Anschläge der Taliban unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Internationale Schutztruppe ISAF unterstützt dabei die afghanische Armee und Polizei.

Großaufgebaut der Sicherheitskräfte

Nach Angaben des Innenministeriums sind wegen der Dschirga 12.000 zusätzliche Sicherheitskräfte in Kabul eingesetzt, um Anschläge zu verhindern. Afghanische Soldaten und Polizisten werden von der Internationalen Schutztruppe ISAF unterstützt. Der Sprecher der ISAF, der deutsche General Josef Blotz, sagte: "Die Internationale Staatengemeinschaft und die ISAF stehen hinter jeder Bemühung der afghanischen Seite, einen Friedensprozess einzuleiten."

Blotz sagte, zwar könne Sicherheit auch bei der Dschirga nicht garantiert werden. "Ein entschlossener Attentäter, der von langer Hand einen Anschlag in einer Millionenstadt wie Kabul plant, ist nur sehr schwer davon abzubringen." Derzeit sei das Umfeld aber "erstaunlich ruhig". Die Sicherheitskräfte seien auf mögliche Anschläge vorbereitet. Zuletzt waren bei einem Selbstmordanschlag in Kabul vor zwei Wochen 18 Menschen getötet worden, darunter sechs ISAF-Soldaten.

Quelle: ntv.de, dpa

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