Wenn DFB-Elf weiterkommt Friedrich reist in die Ukraine
13.06.2012, 16:16 Uhr
Alle Bedenken sind vergessen: Innenminister Hans-Peter Friedrich plant schon fürs Halbfinale.
(Foto: dpa)
Die Europameisterschaft in der Ukraine läuft und so langsam bröckelt die Front der deutschen Politiker, die das Turnier boykottieren wollen. Mit Innenminister Friedrich kündigt nun der erste an, Spiele der DFB-Elf in dem Land besuchen zu wollen. Dazu muss Joachim Löw die Mannschaft aber erst einmal bis ins Halbfinale führen.
Nach scharfem Protest gegen die Regierung in Kiew sind Mitglieder des Bundeskabinetts nun offener für einen Besuch der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine. Der für Sport zuständige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will nach der Vorrunde gar alle deutschen Spiele bei der Fußball-EM besuchen - auch in der Ukraine. Außenminister Guido Westerwelle ließ einen Besuch in dortigen Stadien offen. "Ich würde Sie über etwaige Reisepläne informieren, wenn die Lage da ist", sagte er auf eine entsprechende Frage.
Entzündet hatte sich der Protest an der Inhaftierung der Oppositionellen Julia Timoschenko. Die Ex-Regierungschefin ist allerdings selbst nicht unumstritten. Friedrich sagte nun der "Leipziger Volkszeitung": "Jetzt steht der Fußball und die Europameisterschaft im Vordergrund." Stadionbesuche in der Ukraine nach der Vorrunde setzten natürlich voraus, dass sich die deutsche Mannschaft für die nächste Runde qualifiziere. Erst im Halbfinale und im Finale könnte die DFB-Elf wieder in der Ukraine spielen. Von einem Besuch bei inhaftierten Oppositionellen war bei Friedrich keine Rede. Westerwelle sagte, bei aller Euphorie über die Fußball-EM bestehe die Bundesregierung auf einer angemessenen medizinischen Behandlung Timoschenkos.
DFB plant keine Proteste
Unterdessen wirbt Jewgenia Timoschenko, die Tochter der kranken Inhaftierten, im Ausland um Solidarität mit ihrer Mutter. Vor dem Spiel der deutschen Mannschaft gegen die Holländer in Charkow traf sie sich mit den Justizministern von Bund und Ländern in Wiesbaden. Der "Bild"-Zeitung sagte sie: "Die Fans sollten nicht vergessen, dass sie in einem Staat Fußballspiele schauen, der politische Gegner wie meine Mutter unter brutalen Bedingungen inhaftiert." Die Fans sollten das Spiel in Charkow nutzen, Freiheit für alle politischen Gefangenen zu fordern.
Die grünen Europaabgeordneten Rebecca Harms und Werner Schulz wollten vor dem deutschen Spiel in Charkow Timoschenko im dortigen Krankenhaus besuchen. Sie mussten den Besuch aber absagen, weil ihr Flugzeug von einem Blitz getroffen wurde. Schulz forderte von westlichen Politikern mehr Engagement im Fall Timoschenko. "Die EM ist von der Politik nicht zu trennen, weil schon die Vergabe des Turniers politisch war." Timoschenko wird in der Klinik etwa 480 Kilometer östlich der Hauptstadt Kiew unter anderem von Berliner Ärzten behandelt.
Der Deutsche Fußball-Bund und die Nationalmannschaft planten beim Gastspiel in Charkow keine Aktionen für Timoschenko. "Ich glaube, wir waren diejenigen in ganz Europa, die am meisten die Stimme erhoben haben", sagte Teammanager Oliver Bierhoff am Vortag in Danzig vor der Abreise der deutschen Mannschaft in die Ukraine.
Quelle: ntv.de, dpa