Politik

Wahl in Ägypten Frust und interne Machtkämpfe

Wenn die Ägypter am 28. November wählen, geht es nicht darum, welche Partei künftig im Parlament den Ton angibt. Denn schon jetzt steht fest, dass die Partei von Präsident Mubarak die Mehrheit behalten wird. Das Problem ist: Am Nil wächst die Politikverdrossenheit.

Wahlwerbung in Ägypten.

Wahlwerbung in Ägypten.

(Foto: dpa)

Ägypten ist eine aufstrebende Wirtschaftsmacht, die seit Jahren mit üppigen Wachstumsraten glänzt. Doch ein Großteil der mehr als 80 Millionen Einwohner des arabischen Landes geht bei der Verteilung der Gewinne leer aus. In den illegalen Siedlungen herrscht bittere Armut. Das Niveau der staatlichen Schulen ist miserabel. Kritische Blogger und Menschenrechtsaktivisten werden von der Staatsmacht drangsaliert. Trotzdem wird die Nationaldemokratische Partei (NDP) von Präsident Husni Mubarak ihre Zwei-Drittel-Mehrheit bei der Parlamentswahl am 28. November wohl nicht verlieren.

Husni oder Gamal?

Mubarak (82), der das Land seit über 29 Jahren regiert, sitzt fest im Sattel. Bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr will er sich - wenn es seine Gesundheit zulässt - für weitere sechs Jahre im Amt bestätigen lassen. Denn sein politisch ambitionierter Sohn Gamal (46), der seit Jahren als Nachfolger gehandelt wird, ist angeblich nicht populär genug. Eine Kandidatur von parteilosen Persönlichkeiten wie dem ehemaligen Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammed al-Baradei, lässt die 2005 auf Initiative der NDP geänderte Verfassung nicht zu.

Mubarak wird seine Mehrheit wohl nicht verlieren.

Mubarak wird seine Mehrheit wohl nicht verlieren.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Auch die zersplitterten ägyptischen Oppositionsparteien sind für Mubarak und den gut geölten Machtapparat seiner Partei derzeit keine ernstzunehmende Konkurrenz. Selbst die Muslimbrüder, die aus der wachsenden Frömmigkeit ihrer Landsleute Honig saugen, können keinen Machtwechsel herbeiführen. Ihr seit Jahren unveränderter Slogan "Der Islam ist die Lösung" verfängt zwar bei vielen Ägyptern, doch aus Angst vor einer Konfrontation mit der Staatsmacht haben die Muslimbrüder diesmal nur in weniger als einem Drittel der Wahlbezirke Kandidaten aufgestellt. Außerdem gibt es inzwischen auch NDP-Politiker, die ihre Religiosität öffentlich zur Schau stellen.

Deshalb gibt es bei dieser Wahl eigentlich nur drei spannende Fragen: Wie hoch wird die Wahlbeteiligung sein? Wird der Urnengang halbwegs friedlich verlaufen? Und: Welcher Flügel der NDP wird die meisten Sitze erringen, die alte Garde oder die Modernisierer um den Präsidentensohn Gamal?

Linke und Liberale spielen keine Rolle

Fast gar keine Rolle spielen diesmal die linken und liberalen Kräfte, die dem Urnengang zum Teil ganz fernbleiben wollen. Besonders groß ist die Frustration bei den Mitstreitern und Anhängern von Al- Baradei. Der Friedensnobelpreisträger war als neuer Hoffnungsträger gefeiert worden, als er vor neun Monaten nach Ägypten zurückkehrte. Doch seine Bemühungen, eine Reform des Wahlrechts und mehr politische Freiheiten durchzusetzen, liefen ins Leere. Deshalb haben er und die Partei des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Eiman Nur schließlich zum Wahlboykott aufgerufen. Doch auch der Effekt ihres Boykottaufrufs verpuffte letztendlich, als sich die zunächst mit Al- Baradei verbündeten Muslimbrüder entschlossen, doch an der Wahl teilzunehmen.

Wie wird der NDP-Flügel um Modernisierer und Präsidentensohn Gamal abschneiden?

Wie wird der NDP-Flügel um Modernisierer und Präsidentensohn Gamal abschneiden?

(Foto: REUTERS)

Die Ägypter wählen alle fünf Jahre ein neues Parlament. Diesmal bewerben sich mehr als 5000 Kandidaten um 508 Mandate, von denen erstmals 64 Mandate für Frauen reserviert sind. Weitere zehn Abgeordnete wählt Präsident Mubarak aus. Einige Dutzend Kandidaten - unter anderem aus der Muslimbruderschaft - waren im letzten Moment disqualifiziert worden. Bei der Wahl von 2005 hatte sich die NDP 311 der damals 454 Abgeordnetenmandate gesichert. Die Muslimbrüder, die für eine "Islamisierung" des Staates eintreten, wurden mit 88 Sitzen damals zweitstärkste Kraft, was von den meisten Angehörigen der christlichen Minderheit als bedrohlich empfunden wurde.

Der Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages stellte auf einer Delegationsreise kürzlich "schwere Menschenrechtsverletzungen" durch die ägyptische Regierung und die Sicherheitskräfte fest - was die Führung in Kairo kalt ließ. Auch die Aufforderung der US- Regierung, internationale Wahlbeobachter zuzulassen, stieß in Kairo auf taube Ohren.

"Ägypten ist ein Land mit einer stabilen Verfassung"

Nur um das Image des Investitionsstandortes macht man sich Gedanken. Investitionsminister Mahmud Mohieddin erklärte neulich, Investoren sollten sich nicht von den Diskussionen um die Wahl beunruhigen lassen: "Ägypten ist ein Land mit einer stabilen Verfassung, starken Institutionen und einem sehr soliden juristischen System. Daran wird sich nichts ändern."

Quelle: ntv.de, Anne-Beatrice Clasmann, dpa

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