Gewährleistung der Gasversorgung Füllmengen-Gesetz für Gasspeicher passiert Bundesrat
08.04.2022, 14:37 Uhr
Weil Habeck die Bundesnetzagentur als Treuhänderin für die deutsche Gazprom-Tochter eingesetzt hat, kann die Regierung die entsprechenden Speicher direkt beeinflussen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs bemüht sich die Regierung um eine stabile Gasversorgung für den nächsten Winter. Gewährleisten soll das ein neues Gesetz, das Mindestfüllstände für deutsche Speicher festlegt. Bis dahin benötige man aber weiterhin russisches Gas, räumt Wirtschaftsminister Habeck ein.
Als Vorsorge für den kommenden Winter sollen die Gasspeicher in Deutschland ausreichend befüllt sein. Der Bundesrat billigte ein entsprechendes Gesetz. Auf diese Weise soll die Sicherheit der Gasversorgung gewährleistet bleiben. Zudem sollen starke Preissprünge verhindert werden. Das Gesetz ist eine Reaktion auf den russischen Krieg gegen die Ukraine sowie auf Turbulenzen bei den Gaspreisen.
Das Gesetz sieht Mindestfüllmengen zu bestimmten Stichtagen vor: Am 1. Oktober eines Jahres 80 Prozent, am 1. November 90 Prozent und am 1. Februar 40 Prozent. Um die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten, muss der Betreiber einer Gasspeicheranlage am 1. August eines Jahres einen Füllstand nachweisen, der die Erreichung der Füllstandsvorgaben nicht gefährdet.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte im Bundesrat: "Wir müssen zum nächsten Winter die Speicher voller haben als in diesem Winter. Keiner weiß, wie lange der Krieg dauert, keiner weiß, welche Eskapaden Russland noch schlagen wird. Wir müssen uns also für diesen Winter vorbereiten."
"Harte, brutale Mathematik der Energiepolitik"
Zum Befüllen der Speicher sei weiter russisches Gas nötig. Zwar entspreche der durchschnittliche Verbrauch in Deutschland ungefähr den Möglichkeiten, "die wir über LNG-Terminals über Belgiern, Frankreich und die Niederlande bekommen", erklärte Habeck. "Wir kämen also noch ohne russisches Gas über das Frühjahr, Sommer und in den Herbst rein. Aber im Winter wären die Speicher leer." Das bedeute, dass der Verbrauch gesenkt werden müsse und alternative Energien hochgefahren werden müssten.
"Sollte es nicht gelingen, über den Sommer Fortschritte beim Befüllen der Speicher zu machen, wie das Gesetz es jetzt vorschreibt, werden wir schon im Sommer zu anderen Maßnahmen kommen müssen, um diese Sicherheit für den Winter vorzubereiten", sagte Habeck. "Ich hätte mir niemals gedacht, dass ein Energieminister solche Aussagen hier machen muss im Bundesrat. Aber das ist die harte, brutale Mathematik der Energiepolitik, die physische Notwendigkeit und die Abhängigkeit, in die wir uns gebracht haben."
Deutschland verfügt nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums mit 24 Milliarden Kubikmetern über das mit Abstand größte Speichervolumen für Erdgas in Mittel- und Westeuropa. Die Füllstände der Speicher waren in diesem Winter jedoch historisch niedrig, wie das Wirtschaftsministerium mitgeteilt hatte. Dies gelte besonders für die Speicher, die von Tochterfirmen des russischen Staatskonzerns Gazprom betrieben werden. Eine solche Situation dürfe sich im nächsten Winter nicht wiederholen.
Auf die von Gazprom betriebenen Speicher könnte nun aber die Bundesregierung direkten Einfluss haben. Denn Habeck hatte die Bundesnetzagentur als Treuhänderin für die deutsche Gazprom-Tochter eingesetzt. Habeck hatte dies mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften begründet. Ziel sei es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
DIW hält Winter ohne russisches Gas für möglich
Nach Darstellung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnte Deutschland dann schon im laufenden Jahr ohne russisches Erdgas auskommen, wenn die deutschen Erdgasspeicher wie geplant aufgefüllt werden. Dafür müssten aber viel Energie eingespart und die Gaslieferungen aus anderen Ländern so weit wie technisch möglich ausgeweitet werden, wie das Institut am Freitag mitteilte.
Das Institut hat verschiedene Szenarien durchgerechnet, wie es ohne diese Lieferungen gehen könnte. Danach könnte mehr Flüssiggas aus Norwegen und den Niederlanden sowie über Terminals der Nachbarländer bezogen werden. Zudem könnten schwimmende Terminals für Flüssigerdgas an der deutschen Küste genutzt werden. Deutschland könne über virtuellen Handel auch mit Terminals in Südeuropa verbunden werden. Das DIW hält große Einsparungen für notwendig, 18 bis 26 Prozent weniger Erdgasverbrauch seien möglich. Das würde sowohl Privathaushalte als auch Unternehmen treffen, teilweise brauche es dann finanzielle Hilfen.
Quelle: ntv.de, mbu/dpa/AFP