Politik

Koalitionsgespräche zu Finanzen beginnen Für die SPD geht es nicht nur ums Geld

Was hat Sigmar Gabriel vor? Spekulationen gibt es zu Hauf.

Was hat Sigmar Gabriel vor? Spekulationen gibt es zu Hauf.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Wahlkampfzeiten galten sie noch als unumstößlich. Jetzt weicht das Beharren von Sozialdemokraten und CDU/CSU in der Finanzpolitik in etlichen Positionen auf. Manch einem geht es dabei nicht um Inhalte, sondern um einen taktischen Trumpf.

Vor dem 22. September 2013 vertrat die SPD noch eine klare Linie in der Finanzpolitik. Spitzensteuersatz rauf auf 49 Prozent. Eine Vermögenssteuer. Dafür das Aus für das Betreuungsgeld und das Ehegattensplitting. Nun verhandeln die Unterhändler der Sozialdemokraten erstmals mit der Union zu dem Thema Finanzen. Und die klare Linie scheint dahin.

Generalsekretärin Nahles sagte kurz vor dem Treffen der zuständigen Arbeitsgruppe im Bundesfinanzministerium: Sie wolle Steuerhöhungen nicht ausschließen. Eine verhältnismäßig neue Sprachregelung. Der Kurs, mit dem die SPD in die Verhandlungen geht, heißt mittlerweile: Die Partei will in Infrastruktur und Bildung finanzieren. Wenn das der Union gelingen sollte, das ohne Steuererhöhungen zu stemmen, dann gern.

Die Sozialdemokraten sind auf Kompromiss gebügelt. Und sie treffen auf eine genauso kompromissbereite Union. Allerdings nicht, weil den Parteien die Finanzpolitik plötzlich egal wäre.

Die Union schloss Steuererhöhungen zwar erneut aus. Markus Söder von der CSU sagte: "Finanzielle Solidität sei eines der Markenzeichen Deutschlands in Europa. Das heißt, keine Steuererhöhungen." Die Union wusste aber zugleich Wege aufzuzeigen, wie die SPD ihre versprochenen Investitionen in Bildung und Infrastruktur doch durchsetzen könnte. Finanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich bereit, auf die Schuldentilgung von 2015 an zu verzichten.

Der Bund ist derzeit mit 1300 Milliarden Euro verschuldet, der gesamte Staat mit zwei Billionen Euro. Das entspricht einer Schuldenquote von rund 80 Prozent. Laut der mittelfristigen Finanzplanung ist aber damit zu rechnen, dass Deutschland von 2015 an keine neuen Schulden aufnehmen muss – erstmals seit 1969. Bis 2017 ist gar mit Überschüssen in Höhe von 15 Milliarden Euro zu rechnen. Die sollten, so Schäubles ursprünglicher Plan, dem Abbau der Schulden dienen. Schäubles Sprecher sagte nun aber verheißungsvoll, dass über die Verwendung dieses Überschusses das künftige Regierungsbündnis entscheide.

SPD will Ministerium angeblich opfern

Natürlich steckt hinter der beiderseitigen Kompromissbereitschaft der Wille, dass es klappt mit der Großen Koalition. Dahinter steht aber auch die Frage, wer künftig das Finanzministerium übernimmt. Für Schäuble und die Union wäre es ein Triumph, das Haus weiterhin zu besetzen. Ihm obliegt schließlich ein Veto-Recht gegen die Kanzlerin. Das will man ungern den Sozialdemokraten überlassen. Durch großzügige Gesten, so vermutlich die Hoffnung, könnte es gelingen, die SPD davon abzubringen, auf das Ministerium zu bestehen. Zumal es eine Reihe von Spekulationen gibt, dass Parteichef Sigmar Gabriel ohnehin bereit ist, das Ministerium zu opfern.

Wie "Der Spiegel" berichtet, setzt Gabriel darauf, sich das Finanzministerium teuer abkaufen zu lassen. Dass die SPD in der Finanzpolitik nicht auf ihre Kernforderungen besteht, hat demnach System. Das Motiv Gabriels? Dem Magazin zufolge glaubt der Parteichef, sich durch einen Verzicht langfristig seine Stärke in der eigenen Partei zu sichern.

Er selbst will das Haus nicht übernehmen. Wirklich punkten kann man als Finanzminister aus sozialdemokratischer Sicht nämlich nicht mehr. Da sich die Union Steuererhöhungen versperrt. Einen Parteikollegen will er aber auch nicht auf den Posten setzen. Denn der ist nichtsdestotrotz noch ein Prestigeamt. Gabriel müsste neben sich Frank-Walter Steinmeier und seiner parteiinternen Gegenspielerin Hannelore Kraft einen zusätzlichen starken Mann dulden.

Dem "Spiegel" zufolge gilt Gabriels persönliches Interesse dem neu zu schaffenden Energieressort – eine Schlüsselposition der nächsten Jahre. Verzichtet er auf das Finanzministerium, so das Kalkül, ist ihm der Posten sicher – und er in bester Ausgangslage für eine Kanzlerkandidatur 2017.

Quelle: ntv.de, ieh/rts

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