Schwerer Vorwurf in Spanien Gab Innenminister der ETA einen Tipp?
30.03.2011, 11:33 Uhr
Alfredo Pérez Rubalcaba: Innenminister als Terroristenhelfer?
(Foto: picture alliance / dpa)
Spanische Polizisten sollen Mitglieder der Terror-Organisation ETA mit einem Tipp vor der Festnahme bewahrt haben. Die Opposition glaubt, dass Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba in den Skandal verwickelt ist. Sie fordert den Rücktritt von José Luis Rodríguez Zapateros Vize.
Ein Innenminister als Terroristenhelfer? Diesen aberwitzig anmutenden Verdacht hegen Spaniens Konservative gegen den Madrider Ressortchef Alfredo Pérez Rubalcaba. Ausgerechnet dieser Minister, der mit seinen Sicherheitskräften der ETA eine Niederlage nach der anderen beigebracht hat, soll nach Mutmaßungen der Opposition Mitglieder der baskischen Terror-Organisation durch einen vertraulichen Tipp vor einer Festnahme bewahrt haben.
Die Vorwürfe haben der Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero gerade noch gefehlt. Die Wirtschaftskrise, Rekordarbeitslosigkeit und katastrophale Umfragewerte setzen dem sozialistischen Regierungschef ohnehin schon genug zu. Der Kampf gegen den ETA-Terror zählt zu den großen Erfolgen der Regierung. Rubalcaba gilt als der starke Mann im Kabinett. Er ist nicht nur Zapateros Vize, sondern wird auch als dessen möglicher Nachfolger gehandelt.
Mysteriöser Fremder mit Handy in Kneipe

Viele Verhaftungen von ETA-Mitgliedern gehen auf das Konto des Innenministers.
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Die skurrile Affäre, die dem erfolgreichen Terroristenjäger nun zu schaffen macht, nahm ihren Ausgang in einer Kneipe namens "Faisán" (Fasan) in der baskischen Stadt Irún. Deren Besitzer Joseba Elosua war von der Polizei als mutmaßlicher Geldeintreiber der ETA ausfindig gemacht worden. Am 4. Mai 2006 betrat ein Unbekannter das Lokal und hielt dem Wirt ein Handy entgegen. Am anderen Ende der Leitung sagte ein Mann, er wisse, dass Elosua demnächst einem ETA-Kurier Geld übergeben werde und dass beiden dabei die Festnahme drohe.
Der mysteriöse Fremde mit dem Handy und der Mann am anderen Telefonleitung waren vermutlich Polizisten. Die Justiz ermittelt gegen mehrere hohe Beamte. Diese stehen im Verdacht, der ETA eine bevorstehende Polizeiaktion verraten zu haben. Die konservative Volkspartei (PP) leitet daraus die Theorie ab, dass die Polizisten nicht aus freien Stücken handelten, sondern auf Anweisung des Innenministers.
Starker Verdacht gegen Innenminister
Die spanische Regierung führte damals geheime Verhandlungen mit der ETA über eine Friedensregelung im Baskenland. Eine Festnahme von ETA-Mitgliedern wäre, so wird spekuliert, der Regierung ungelegen gekommen, weil sie den Friedensprozess in Gefahr gebracht hätte. Die Gespräche scheiterten dann aber doch, als die ETA im Dezember 2006 einen Bombenanschlag auf den Madrider Flughafen verübte.
Die Zeitung "El Mundo" veröffentlichte nun Aufzeichnungen der damaligen Unterhändler der ETA. Diese Papiere bestärkten die PP in ihrem Verdacht gegen den Innenminister. Darin heißt es nämlich, die Regierung habe sich bei der ETA quasi dafür entschuldigt, dass sechs Wochen nach der gescheiterten Polizeiaktion gegen Elosua der Kneipenwirt und zwölf weitere Verdächtige doch noch festgenommen wurden. "Wir konnten die Aktion nicht stoppen, die Festnahmen gingen vom zuständigen Ermittlungsrichter aus", sollen nach Darstellung der ETA die Unterhändler der Regierung gesagt haben.
Rücktritt gefordert
Die PP bezeichnete das Vorgehen von Rubalcaba im "Fall Faisán" als beschämend und forderte den Rücktritt des Ministers. Die regierenden Sozialisten (PSOE) hielten den Konservativen vor, den Aufzeichnungen einer Terror-Organisation mehr Glauben zu schenken als der Regierung. Rubalcaba ging auf die Vorwürfe nicht direkt ein, betonte aber: "Wir haben der ETA nie getraut, und deshalb stehen wir im Kampf gegen den Terror jetzt gut da."
Quelle: ntv.de, Hubert Kahl, dpa