"Wilder Hühnerhaufen" Gabriel fordert Geschlossenheit
18.08.2008, 10:01 UhrVor dem Hintergrund anhaltender Personal- und Richtungsdiskussionen in der SPD hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel seine Partei zur mehr Geschlossenheit aufgerufen. "Die SPD braucht endlich mehr Disziplin. Und zwar thematisch und personell", sagte Gabriel der "Berliner Zeitung". "Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, wir seien ein wilder Hühnerhaufen."
Die Debatten über Personen und das Verhältnis zur Linkspartei bezeichnete Gabriel als "nutzlos". Stattdessen solle sich die SPD den wichtigen Zukunftsfragen widmen. "Wir müssen uns jetzt damit beschäftigen, wie das Jahr 2020 aussieht", sagte Gabriel.
Der Minister forderte massive Investitionen in die schulische Bildung und in wirtschaftliches Wachstum. Auch müsse geklärt werden, wie Menschen, die nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter von 67 Jahren arbeiten können, ohne massive Einkommens- und Rentenverluste alt werden könnten. Er forderte außerdem, die Energieversorgung von Öl, Gas und Atomstrom zu entkoppeln. Diesen "gewaltigen Aufgaben" müsse sich die SPD jetzt stellen, sagte Gabriel. Der Umweltminister mahnte auch einen selbstbewussteren Umgang seiner Partei mit der Agenda 2010 an: "Wenn wir Sozialdemokraten diese unbestreitbaren Erfolge unserer Politik nicht loben, werden andere diese Erfolge für sich reklamieren."
Bedenken gegen Lafontaine
Gegen die von der hessischen SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti angestrebte rot-grüne Minderheitsregierung unter Duldung der Linkspartei äußerte Gabriel schwere Bedenken. "Wir können uns doch nicht den Launen von Oskar Lafontaine aussetzen", sagte der SPD-Minister. So schnell, wie der Linksparteichef jetzt in Hessen die SPD-Regierung mitwählen würde, so schnell würde er auch die Zusammenarbeit mit der SPD wieder fallenlassen, wenn der geschäftsführende CDU-Ministerpräsident Roland Koch erst einmal abgelöst sei. Lafontaine habe kein Interesse daran, SPD-geführte Regierungen zu stabilisieren. "Sein einziges Ziel ist es, die SPD zu destabilisieren", sagte Gabriel. Die SPD dürfe sich nicht zum Spielball Lafontaines machen.
Lafontaine hatte am Wochenende bekräftigt, seine Partei würde Ypsilanti zur Regierungschefin wählen. Sie verkörpere anders als SPD-Chef Kurt Beck noch alte sozialdemokratische Werte. Beck hatte am Wochenende seine Bedenken gegen das Vorhaben Ypsilantis erneuert und auf die inhaltlichen Hürden einer Kooperation in Hessen verwiesen.
Quelle: ntv.de