Gerangel um zweieinhalb Jahre Gabriel stoppt Vattenfall
05.05.2009, 18:27 UhrBundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat es aufgrund von Sicherheitsbedenken abgelehnt, die Laufzeit des Kernkraftwerks Brunsbüttel zu verlängern. Brunsbüttel ist 32 Jahre alt und seit einem Störfall im Sommer 2007 vom Netz. Der Betreiber Vattenfall hatte sogenannte Reststrommengen vom Kernkraftwerk Krümmel auf Brunsbüttel übertragen wollen.
Ein Sicherheitsvergleich beider Anlagen habe ergeben, dass das AKW Brunsbüttel über "noch weniger Sicherheitsreserven" verfüge als der seit einem Transformatorbrand Mitte 2007 ebenfalls abgeschaltete Reaktor Krümmel, erklärte Gabriels Ministerium.
Mit der Strommengen-Übertragung wollte Vattenfall die Laufzeit des AKW Brunsbüttel um zweieinhalb Jahre verlängern. Krümmel war vor 25 Jahren ans Netz gegangen und ist damit jünger als die Anlage in Brunsbüttel, weshalb eine Strommengen-Übertragung laut Atomgesetz der Zustimmung des Ministeriums bedurft hätte. Vattenfall will den Bescheid dennoch "gerichtlich überprüfen lassen".
Es geht um Geld
Gabriel appellierte erneut an die Kernkraftwerksbetreiber, "endlich" seinen Vorschlag aufzugreifen, die ältesten deutschen Atomkraftwerke abzuschalten und deren noch vorhandene Produktionsrechte auf modernere Anlagen zu übertragen, statt den umgekehrten Weg zu gehen. Dafür sei nicht einmal eine behördliche Zustimmung nötig.
Die Kernkraftbetreiber RWE, Eon, Vattenfall und EnBW lehnen dies ab. Atomkraftgegner werden den Betreibern vor, mit diesem Vorgehen den Atomkonsens aus dem Jahr 2000 aufgekündigt zu haben. Die Stromkonzerne setzen darauf, mit einer Regierung aus Union und FDP den Ausstiegsbeschluss kippen zu können. Mit den teils mehr als 30 Jahre alten und steuerlich längst abgeschriebenen vier Atomkraftwerken wird weiter billigst Strom produziert - und teuer verkauft.
Brunsbüttel über die Wahl gerettet
Das Atomgesetz bemisst die Laufzeit für jedes deutsche Atomkraftwerk nach der Strommenge, die es bis zu seinem endgültigen Abschalten noch erzeugen darf. Der Meiler Brunsbüttel hat laut Vattenfall noch Reststrommengen für etwa zwei Jahre.
Technische Mängel haben Vattenfall mehrfach gezwungen, die Termine für das Wiederanfahren von Brunsbüttel zu verschieben. Für Vattenfall nicht unbedingt ein Nachteil: Brunsbüttel hätte eigentlich 2009 vom Netz gehen sollen. Da der Meiler abgeschaltet ist, hat sich seine Restlaufzeit automatisch verlängert - bis in die nächste Legislaturperiode hinein. Ein aktueller Termin liegt dem zuständigen Sozialministerium in Kiel derzeit nicht vor.
Noch 17 AKWs am Netz
In Deutschland sind noch 17 Kernkraftwerke am Netz. Sie dürfen gemäß Atomausstieg jeweils noch eine bestimmte Menge Strom produzieren, dann werden sie abgeschaltet. Vom Netz gingen bereits Stade im November 2003 und Obrigheim im Mai 2005. Der Meiler in Mülheim-Kärlich wurde schon 1988 abgeschaltet. Laut Bundesumweltministerium müssten im kommenden Jahr die Meiler Biblis A, Neckarwestheim 1 und Biblis B abgeschaltet werden. Bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode sollten Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser und Philippsburg 1 abgeschaltet werden. Dann wären noch zehn Kernkraftwerke am Netz. 2022 soll laut Umweltministerium mit Neckarwestheim das letzte deutsche Kernkraftwerk abgeschaltet werden.
Quelle: ntv.de