Politik

"Dritter Weg" ist Geschichte Gabriel von Frankreich fasziniert

Sigmar Gabriel, François Hollande: Einer von beiden könnte demnächst eine Wahl gewinnen.

Sigmar Gabriel, François Hollande: Einer von beiden könnte demnächst eine Wahl gewinnen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Anders die Konservativen beiderseits des Rheins verstehen sich die französischen Sozialisten und die deutschen Sozialdemokraten so gut wie lange nicht. Dabei sang die Oma von SPD-Chef Gabriel noch das Lied vom "Franzos mit der roten Hos". Doch diese Zeiten sind lange vorbei - wie auch die Zeiten des "Dritten Wegs" von Tony Blair und Gerhard Schröder.

Der französische Präsidentschaftskandidat François Hollande hat schon in seiner Jugend erste Kontakte nach Deutschland geknüpft. Als Gymnasiast sei er über einen Verein, der internationale Jugendzeltlager ausrichtete, mehrmals in Deutschland gewesen, sagte der Sozialist in einem gemeinsamen Interview mit SPD-Chef Sigmar Gabriel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Obwohl seine Familie durch beide Weltkriege geprägt war, habe er nie das geringste antideutsche Gefühl vermittelt bekommen. "Ich habe dann im Gymnasium Deutsch gelernt, wovon mir leider wenig geblieben ist", räumte der 57-Jährige ein. Dies sei allerdings "nicht die Schuld Deutschlands", sondern seine eigene.

Das Lied vom "Franzos mit der roten Hos"

Gabriel berichtete in dem Interview, das die "FAZ" zusammen mit der französischen Zeitung "Libération" führte, dass seine Tochter einen Freund in Paris habe - jedoch auch, dass es in der Familie seines Vaters noch antifranzösische Gefühle gab. "Meine Großmutter sang noch das Lied vom 'Franzos mit der roten Hos'". Er selbst habe als Jugendlicher für die SPD-nahe Jugendorganisation "Falken" in Südfrankreich Zeltlager geleitet. "1981 waren wir von dem Begriff 'Union de la Gauche' und der ersten Regierung von François Mitterand fasziniert." Die "Union der Linken" bezeichnete ein Parteienbündnis seit Beginn der 1970er Jahre, das sowohl die französischen Sozialisten als auch die Kommunisten einschloss. 1981 war das Jahr, in dem Mitterand Präsident wurde.

Später sei der Dialog zwischen den französischen Sozialisten und den deutschen Sozialdemokraten schwieriger geworden, sagte Gabriel. "Das war die Phase des sogenannten Dritten Wegs, von dem ich heute denke, dass er auch ein Versuch war, einen sozialdemokratischen Mantel über teils neoliberale Projekte zu breiten." Der Begriff "Dritter Weg" ist ein Schlagwort, mit dem der britische Premier Tony Blair seine Politik beschrieb. Blair habe versucht, den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder "politische an sich zu binden", sagte Hollande.

Vom Blair-Weg hält Gabriel offensichtlich nichts. Er sagte, die Zeiten, "in denen Sozialdemokraten und französische Sozialisten miteinander geredet und intensiv zusammengearbeitet haben, waren immer gute Zeiten". Als er SPD-Vorsitzender wurde, habe er den Kontakt nach Frankreich daher intensiviert.

"Ich möchte keine Missstimmung mit Frau Merkel"

Hollande sagte, am deutschen Modell gefalle ihm die "Idee des Kompromisses und der Einbeziehung der gesellschaftlichen Gruppen". Dies wolle er auch in Frankreich umsetzen. Hollande betonte, dass er nach einem Wahlsieg gut mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammenarbeiten würde, "ich möchte keine Missstimmung mit Frau Merkel". Mehr politische Überschneidungen gebe es allerdings mit der SPD.

Hollande kandidiert für die französischen Sozialisten bei der Präsidentschaftswahl im April und Mai. Gabriel unterstützte Hollande mit einem Auftritt vor europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten vor gut einer Woche in Paris. Auf Einladung von Präsident Nicolas Sarkozy hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ursprünglich auf Seiten der Konservativen in den französischen Wahlkampf eingreifen wollen. Nachdem die Umfragen nahelegten, dass ein gemeinsamer Auftritt mit Merkel ihm nichts bringen würde, schloss Sarkozy die Kanzlerin via Radiointerview aus seiner Kampagne aus - worüber Merkel sich geärgert haben soll.

Vor der Mordserie in Toulouse sah es so aus, als hätte Hollande gute Chancen, neuer Präsident zu werden. Sarkozy, dem Kritiker eine gewisse Neigung zur Wendigkeit vorwerfen, setzt im Wahlkampf jetzt verstärkt auf das Thema Sicherheit.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa

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