CSU-Spitze überrascht Gauweiler greift nach Vize-Amt
13.09.2011, 18:26 Uhr
Peter Gauweiler - umstritten, aber nie langweilig.
(Foto: dpa)
CSU-Mann Peter Gauweiler polarisiert lange schon. Mit seiner Klage gegen den Euro-Rettungsschirm hat er sich kürzlich nicht nur gegen die Bundesregierung, sondern auch gegen die offizielle Linie der CSU-Spitze gestellt. Nun will er sogar stellvertretender Parteichef werden. Seine Aussichten: gut.
Da wird Horst Seehofer wohl geschluckt haben. Peter Gauweiler als sein Vize? Der bekannte CSU-Rebell und bekennende Euro-Kritiker als einer der vier stellvertretenden Vorsitzenden der CSU? Doch was für Seehofer keine allzu angenehme Vorstellung sein dürfte, könnte schon bald Realität werden: Gauweilerm kündigte völlig überraschend an, dass er sich auf dem CSU-Parteitag am 7. und 8. Oktober in Nürnberg um einen der Vize-Posten bewerben will. Und er hat gute Chancen, gewählt zu werden. Das neue Motto der CSU, eine"Mitmachpartei" zu sein, gewinnt einen spannenden Akzent durch die Kandidatur.
Die CSU-Spitze reagierte denkbar knapp auf Gauweilers Bewerbung. "Peter Gauweiler hat gestern die Parteiführung über seine Kandidatur unterrichtet. Kandidaturen für politische Ämter sind in der Demokratie der Normalfall", erklärte CSU-General Alexander Dobrindt.
Das Personaltableau nämlich, das die CSU-Spitze dem Parteitag vorschlagen will, steht längst fest. Seehofer hatte dies erst am Montag nach der CSU-Vorstandssitzung noch einmal bekräftigt. Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und Bayerns Justizministerin Beate Merk sollen als Stellvertreter wiedergewählt werden. Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt soll dem Europaparlamentarier Ingo Friedrich als Vize nachfolgen.
Jetzt also mischt Gauweiler die Karten komplett neu - wobei er zunächst offen ließ, gegen wen der vier Kandidaten er antreten will. "Selbstverständlich richtet sich meine Kandidatur gegen keinen der bereits benannten Bewerber persönlich", versicherte der 62-Jährige in einer schriftlichen Erklärung. Und: "Ich kandidiere für keine Gruppe in der Partei, niemand hat mich zu dieser Kandidatur gedrängt."
Gauweiler aber wird sich wohl trotzdem entscheiden müssen, wen er herausfordern will. Sammelabstimmungen über die Stellvertreterposten seien unüblich, heißt es in der CSU. Stamm und Merk dürfte er kaum angreifen, da diese aufgrund der neuen Frauenquote quasi gesetzt sind. Bleiben Schmidt, der wie Gauweiler zum ersten Mal antritt, und Ramsauer.
Würde man dem Regionalproporz folgen, der in der CSU fast heilig ist, müsste Gauweiler dann Ramsauer herausfordern - Ramsauer kommt aus Oberbayern, Gauweiler selbst aus München - und Schmidt ist Franke. Hinzu kommt, dass Ramsauer bei den vergangenen Parteitagen schlechte Wahlergebnisse hinnehmen musste. Andererseits ist er Bundesminister.
Konservativer Querdenker
Doch gegen wen auch immer er antritt: Gauweiler kann durchaus damit rechnen, gewählt zu werden. Münchens CSU-Bezirkschef Ludwig Spaenle versichert dem Münchner Bundestagsabgeordneten schon mal die Unterstützung der mächtigen Münchner CSU. Ein CSU-Vorstandsmitglied nennt Gauweilers Kandidatur "sehr aussichtsreich". Der streitbare 62-Jährige werde nämlich an der Basis, an den Stammtischen, sehr geschätzt. Und, so sagen führende CSU-Politiker, Gauweiler fülle als sehr konservativer Kopf ein Vakuum, das es in der CSU derzeit gebe.
Gauweiler selbst sagte: "Viele Bürger teilen meine Positionen - aber diese Positionen finden sich beim Führungspersonal zu wenig wieder. Ich glaube, dass ich einen Beitrag dazu leisten kann, dass das anders wird." Er wolle mithelfen, "die Bandbreite der CSU zu erweitern".
"Die CSU war für Bayern eigentlich systemrelevant - und das sollte sie auch in Zukunft sein", betont Gauweiler. "Ich bin jetzt seit 43 Jahren in der CSU, ich fühle mich der CSU sehr verbunden, und ich denke, ich muss jetzt meinen Beitrag leisten." Er wolle, sagt Gauweiler, nachher wenigstens sagen können: "Ich habe es versucht."
Als Angriff auf Parteichef Seehofer will Gauweiler seine Kandidatur explizit nicht verstanden wissen - im Gegenteil. Den "Nürnberger Nachrichten" sagt er auf den Vorhalt, dass noch unter keinem CSU-Vorsitzenden die Stellvertreter zu Wort gekommen seien, sehr selbstbewusst: "Ich werde das tun. Ich will nicht heucheln und meine Wirkung übertrieben darstellen. Aber ich glaube, dass ich Horst Seehofer helfen kann, Ministerpräsident zu bleiben."
Quelle: ntv.de, Christoph Trost, dpa