Politik

Raketenschutzschild der USA Gefahr für ganz Europa

Im Streit über den geplanten Raketenschutzschild in Osteuropa verschärft die SPD ihre Kritik an den USA. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte die Vereinigten Staaten vor einem neuen Wettrüsten und einer Spaltung Europas.

"Es gibt kein 'altes' und 'neues' Europa, und niemand sollte versuchen, aus kurzfristigem Kalkül solche Spaltpilze zu nähren", schrieb Steinmeier in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Ähnlich äußerten sich SPD-Chef Kurt Beck und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das Thema bei ihrer Polen-Reise ansprach, hielt sich dagegen mit Kritik zurück.

"Die Chancen für eine einvernehmliche Lösung stehen gar nicht so schlecht", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" mit Blick auf die von ihr angestrebte Einbindung des Abwehrsystems in die Nato. Auch in Polen warb Merkel nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelms dafür, in der Nato über das Raketenschutzschild zu beraten. Hierfür sei auf polnischer Seite Bereitschaft spürbar gewesen, hieß es in Kreisen der deutschen Delegation.

Die USA wollen in Tschechien eine Radarstation einrichten und in Polen Abfangraketen stationieren, um so Angriffe mit Langstreckenraketen aus dem Iran abzuwehren. Russland kritisiert das Vorhaben scharf. Steinmeier will am Montag in Washington mit US-Außenministerin Condoleezza Rice zusammenkommen. Auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sollen an dem Treffen teilnehmen.

Reflexe des Kalten Krieges

Kurz vor seiner Abreise rief Steinmeier die Regierungen in Washington und Moskau dazu auf, nicht in die Reflexe des Kalten Krieges zurückzufallen. Die USA mahnte er, Sicherheit dürfe nicht um den Preis neuen Misstrauens oder gar neuer Unsicherheit erkauft werden. Das Streben nach einem Schutz vor iranischen Langstreckenraketen sei verständlich, schrieb Steinmeier. "Das ist legitim -auch wenn es diese Waffen zur Zeit noch nicht gibt". Ein Raketenabwehrsystem dürfe aber weder Ursache noch Vorwand für eine neue Rüstungsrunde sein. "Kein noch so ausgereiftes militärisches Abwehrsystem kann hundertprozentigen Schutz gewähren." Oberstes Ziel bleibe daher die Abrüstung.

Zugleich erneuerte Steinmeier die Forderung, über eine Raketenabwehr in Europa im Rahmen der Nato zu sprechen. "Ziel der Debatte muss eine gemeinsame Lösung sein, die niemanden provoziert", schrieb er. SPD-Chef Beck appellierte unterdessen an die Europäer, gemeinsam gegen das Rüstungsprogramm vorzugehen. "Die SPD will keinen neuen Rüstungswettlauf zwischen den USA und Russland auf europäischem Boden. Europa muss hier mit einer Stimme sprechen", forderte er in der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe). Es gebe genügend andere Probleme wie Armut, Klimawandel und Terrorismus.

Politische und militärische Risiken

Wieczorek-Zeul kritisierte die US-Pläne ebenfalls scharf. Es sei "unverantwortlich, mit extrem teuren, technisch unausgereiften und unzuverlässigen Abwehrtechnologien politische und militärische Risiken zu erzeugen", schrieb sie in der "Frankfurter Rundschau". Bundesarbeitsminister Franz Müntefering mahnte die USA, das Gespräch mit Europa und den Nato-Verbündeten zu suchen. "Die USA darf EU und Nato nicht vor vollendete Tatsachen stellen", sagte er.

Quelle: ntv.de

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