Weltweiter Protest Gegen Irans Machthaber
25.07.2009, 16:28 UhrWährend die Machtkämpfe im Führungszirkel des Landes weitergehen, sind beim weltweiten Aktionstag gegen Gewalt und Unterdrückung im Iran Tausende auf die Straßen gegangen. Sie protestieren gegen die Inhaftierung von Oppositionellen, die jetzt offenbar sogar ein Todesopfer hervorgebracht hat.

Demonstranten zeigen das Bild eines während der Proteste im Juni getöteten Oppositionellen.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Mehrere hundert Menschen haben in Berlin, Düsseldorf und Hamburg gegen Gewalt und Unterdrückung im Iran demonstriert. Auf Plakaten forderten die Teilnehmer unter anderem die Freilassung der Iraner, die nach dem umstrittenen Wahlsieg von Präsident Mahmud Ahmadinedschad Mitte Juni festgenommen worden waren. Die westlichen Regierungen wurden dazu aufgefordert, den Iran stärker zu boykottieren. Die Kundgebungen sind Teil eines weltweiten Aktionstages, den Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und die Schriftstellervereinigung P.E.N. unterstützen.
"Im Iran werden seit sechs Wochen die grundlegenden Rechte mit Füßen getreten", sagte Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Der "Frankfurter Rundschau" sagte sie, Amnesty kenne die Namen von 30 im Iran Getöteten, allerdings habe es nach "fast gesicherten Informationen" 50 bis 60 Tote gegeben. Die internationale Staatengemeinschaft müsse sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen und dürfe es nicht bei Lippenbekenntnissen belassen.

Vor dem Brandenburger Tor in Berlin protestieren Exil-Iraner mit einem Hungerstreik gegen die Unterdrückung der Opposition.
(Foto: AP)
Auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor ging unterdessen der Hungerstreik von etwa drei Dutzend ehemaligen politischen Gefangenen aus dem Iran weiter. Auf Decken und Matten wollten die Regimegegner noch bis Sonntag ausharren. Sie verlangen die Abschaffung der Todesstrafe und eine Trennung von Staat und Religion im Iran. Ähnliche Demonstrationen gab es am Samstag auch in Paris, Rom und New York. Für Samstagabend war in Berlin eine Lichterkette zwischen den Botschaften Frankreichs, Großbritanniens und Russlands geplant.
Opposition bittet Geistliche um Hilfe
Im Iran ist nach Medienberichten der Sohn eines engen Verbündeten des gescheiterten Präsidentschaftskandidaten Mohsen Resai im Gefängnis ums Leben gekommen. Der 25-Jährige sei "getötet" worden, berichtete die Zeitung "Etemad" am Samstag und berief sich dabei auf eine oppositionsnahe Website. Einzelheiten zur mutmaßlichen Todesursache nannte das Blatt nicht. Die Zeitung "Etemad Melli" berichtete, die Familie des jungen Mannes sei vor drei Nächten aufgefordert worden, den Leichnam abzuholen. Den Zeitungsberichten zufolge wurde der Mann am 9. Juli bei Protesten gegen den Sieg von Ahmadinedschad bei der Präsidentenwahl Mitte Juni festgenommen.
Die Oppositionsführer im Iran forderten die geistlichen Würdenträger des Landes auf, die seit Beginn der Proteste herrschende Unterdrückung durch die Behörden zu beenden. "Wir zählen darauf, dass Sie - die höchsten geistlichen Würdenträger - die Behörden an die schädlichen Konsequenzen der Nicht-Einhaltung der Gesetze erinnern", heißt es in dem Schreiben, das im Internet veröffentlicht wurde. Unterzeichnet ist es von den unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karubi sowie vom früheren reformorientierten Präsidenten Mohammed Chatami.
Ahmadinedschad lässt Maschaie fallen
Der geistliche Führer Irans, Ayatollah Ali Chamenei, rief derweil nach der Entlassung von Vize-Präsident Esfandiar Rahim Maschaie seine Landsleute zur Einheit auf. "Die Entwicklungen der vergangenen Tage sollten nicht zu Meinungsverschiedenheiten führen", sagte Chamenei in einer im Fernsehen übertragenen Rede, ohne Maschaie zu erwähnen: "Ihr solltet alle auf brüderliche Art zusammenarbeiten, um das Land voranzubringen."

Vize für ein paar Tage: Ahmadinedschad muss für seinen Vertrauten Maschaie (Foto) einen neuen Posten finden.
(Foto: dpa)
Nach tagelangem Streit hatte Chamenei gestern die Absetzung des ersten Stellvertreters von Präsident Ahmadinedschad angeordnet. Bereits kurz darauf bestätigte ein Sprecher Ahmadinedschads, dass sich Maschaie sich nicht mehr als Stellvertreter des Präsidenten sehe, aber einen anderen Posten übernehmen werde.
Machtkampf in Teheran
Unterdessen geht der Machtkampf zwischen politischem Establishment und Opposition weiter. Im mächtigen Expertenrat macht eine konservative Mehrheit Front gegen den reformorientierten Vorsitzenden des Gremiums, Ex-Präsident Akbar Hashemi Rafsandschani. In einem von 50 der 88 Mitglieder unterzeichneten Statement wird Rafsandschani aufgefordert, seine Loyalität zum islamischen System im Iran und seine Unterstützung für den obersten Führer Ajatollah Ali Chamenei offen klarzustellen. Außerdem solle er sein Engagement für die Opposition "endgültig einstellen".
Auch Ajatollah Achmed Chatami kritisierte, dass die Opposition weiter den korrekten Verlauf der Wahl vom 12. Juni anzweifele und die Wiederwahl Ahmadinedschads nicht anerkenne. Er griff vor allem den früheren Präsidenten Mohammed Chatami an, der ein Referendum über die Rechtmäßigkeit der Präsidentenwahl gefordert hat. "Hallo, guten Morgen, die Entscheidung ist am 12. Juni gefallen, und mehr als 24,5 von 40 Millionen haben für Ahmadinedschad gestimmt. Daher ist die Regierung des Präsidenten absolut rechtmäßig", sagte Achmed Chatami.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP