Stresstest für Stuttgart 21 Geißler droht Bahn mit Rückzieher
24.06.2011, 11:48 Uhr
Geißler will sich nicht von der Bahn instrumentalisieren lassen.
(Foto: dpa)
Sollte die Grundlage der Ergebnisse des Stresstests der Deutschen Bahn für Stuttgart 21 nicht allgemein anerkannt werden, droht Schlichter Geißler dem Unternehmen mit Rückzug. "Dann wird eben dieses Ergebnis von der Bahn allein vorgestellt werden müssen", sagt Geißler, der eigentlich den Stresstest Mitte Juli persönlich präsentieren will.
Schlichter Heiner Geißler will das Ergebnis des Stresstests für den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof nur dann selbst vorstellen, wenn die Ausgangsdaten für diese Untersuchung unter allen Beteiligten unumstritten sind. "Wenn sich herausstellt, dass kein Einvernehmen über die Zugrundelegung der Standards erfolgt ist, dann werde ich das Ergebnis auch nicht präsentieren", sagte er der ARD.
In diesem Fall sei eine Grundvoraussetzung für ein anerkanntes Ergebnis nicht vorhanden. Das Ergebnis wäre dann "sehr umstritten", sagte Geißler. "Dann wird eben dieses Ergebnis von der Bahn allein vorgestellt werden müssen."
Der Stresstest zu Stuttgart 21 soll die Leistung des geplanten Tiefbahnhofes nachweisen. Die Ergebnisse sollen am 14. Juli vorgestellt werden. Geißler wies darauf hin, dass die Bahn den Nachweis erbringen muss, dass der neue Bahnhof 30 Prozent mehr Leistung erbringt, und zwar bei guter Betriebsqualität und unter Zugrundelegung anerkannter Standards zum Beispiel für Zugfolgen, Fahrt- und Haltezeiten. Er betonte: "Die Bahn muss ja ein Interesse daran haben, dass dieses Ergebnis auch akzeptiert wird."
Die Grünen hoffen auf ein faires Ergebnis. "Wenn der Stresstest tatsächlich transparent geführt wird und dabei nicht mit Tricks, sondern mit realen Daten gearbeitet wird, kann er sehr viel zur Klärung der Frage beitragen", sagte Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer im Interview mit n-tv.de. Palmer, der noch an einen Stopp von Stuttgart 21 glaubt, war einer der Teilnehmer der Schlichtungsrunde unter Geißler. Die Frage, wie viel der neue Bahnhof leisten könne, bewege die Gemüter spätestens seit der Schlichtung. "Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass der Bahnhof vor allem nicht gebaut werden darf, weil er nicht geeignet ist, den Bahnverkehr für die nächsten Jahrzehnte zu bewerkstelligen", betonte Palmer.
Bahn sieht sich im Recht
Der umstrittene Bahnhofsumbau belastet auch die grün-rote Koalition in Baden-Württemberg. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, der das Projekt befürwortet, hatte die Grünen aufgerufen, das Baurecht der Deutschen Bahn zu akzeptieren. "Die Bahn hat das Baurecht auf Basis einer Grundwasserentnahmemenge von 3,5 Millionen Kubikmetern Wasser", sagte er. Die SPD hält die Strategie ihres Koalitionspartners für falsch, das Großprojekt über das Wassermanagement zu Fall zu bringen.
Der Aufsichtsrat der DB gab unterdessen einstimmig grünes Licht für die Fortsetzung des 4,1 Milliarden teuren Großprojekts. Die Bahn habe "in den vergangenen Monaten mehrfach guten Willen und ihre Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Lösung gezeigt", hieß es in einer Mitteilung.
Die Vorwürfe des Verkehrsministers Winfried Hermann zu den Ergebnissen des Stresstests wies die Bahn entschieden zurück. Hermann habe im Lenkungskreis am 10. Juni der Veröffentlichung zum 14. Juli ausdrücklich zugestimmt. "Daher ist es völlig unverständlich, dass der Minister in der Öffentlichkeit jetzt genau diese Vorgehensweise kritisiert." Hermann will die Ergebnisse möglichst früh veröffentlichen und hatte der Bahn vorgeworfen zu mauern. Er will sich an diesem Sonntag mit Schlichter Geißler treffen, um die Vorstellung des Stresstests vorzubereiten.
Quelle: ntv.de, tis/dpa