Altkanzler besucht SPD-Fraktion Genossen feiern Schröder
12.03.2013, 18:27 Uhr
Im Stechschritt durch die SPD-Fraktion: Altkanzler Gerhard Schröder war zu Besuch.
(Foto: dpa)
Steinbrück kämpft um die Kanzlerschaft. Doch die ersten Monate seiner Kandidatur verlaufen holprig. Da kommt ein Besuch von Altkanzler Schröder in der SPD-Fraktion wie gerufen. Vielleicht hat er ja Tipps? Laut einer Teilnehmerin wirkte der Besuch wie eine Sauerstoffdusche.

Wie in alten Zeiten: Schröder und Steinmeier.
(Foto: dpa)
Der Agenda-2010-Kanzler ist zurück. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt Alt-Kanzler Gerhard Schröder mit langem Applaus. Und doch: Die Haltung der Abgeordneten scheint abwartend, fast verhalten. Nach sieben Jahren und fast vier Monaten ist am Dienstag der Kanzler zurück, an dessen Arbeitsmarktreformen sich noch heute mancher in der SPD reibt. Doch Schröder ist gut aufgelegt, gewinnt mit Scherzen die Abgeordneten. "Könnt Ihr nicht Archivbilder nehmen, da sieht man besser aus", fragt er in das Dutzend Kameras. "Wie eine Sauerstoffdusche", beschreibt eine Teilnehmerin seinen Auftritt hinter verschlossenen Türen.
Weit über eine Stunde diskutiert Schröder mit den Abgeordneten, bevor er mit Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier vor die Journalisten tritt. "Das ist wie immer bei den Fraktionen", sagt Steinmeier bei der Ankunft angesichts des Medienandrangs. Schröder lacht, wohl wissend, dass das Interesse ihm gilt und nicht der Fraktion.
Anlass für die Einladung ist der zehnte Jahrestag der Regierungserklärung, in der Schröder im März 2003 die Agenda-2010-Reformen ankündigt - und das Nein zum Irak-Krieg rechtfertigt, der nur wenige Tage später begann. "Wenn es nach der damaligen Oppositionsführerin gegangen wäre, hätten deutsche Soldaten am Krieg teilgenommen und wären womöglich immer noch da", sagt Schröder in der Fraktion, wie Teilnehmer berichten. Oppositionsführerin war damals CDU-Chefin Angela Merkel.
Kleine Spitze gegen Angela Merkel
Vor den Journalisten will Schröder die Arbeit seiner Nachfolgerin im Kanzleramt nicht bewerten. Sagt er wenigstens. Und tut es dann doch. Was hat die Kanzlerin aus der Agenda 2010 gemacht, die - nach Worten von Steinmeier - die entscheidende Weichenstellung dafür war, dass es dem Land heute wesentlich bessergehe als dem Rest von Europa?
"Man tut ihr nicht Unrecht, wenn man sagt: Hinzugefügt hat sie nichts", sagt Schröder über Merkel. Als positiv bewertet er das Kurzarbeitergeld, aber das sei "auf dem Mist eines anderen" gewachsen. Den Namen des damaligen Arbeitsministers Olaf Scholz (SPD) nennt er nicht. "Das ist das, was ich erinnere. Ansonsten ist da nicht viel gewesen", lautet seine Merkel-Bilanz. Dann fällt ihm noch das Betreuungsgeld ein: "Das ist nun wirklich nach hinten gerichtete Politik."
Zugleich setzt die SPD im Wahlprogramm aber auf deutliche Korrekturen: So soll ein bundesweiter Mindestlohn von 8,50 Euro prekäre Beschäftigungsverhältnisse eindämmen. Schröder findet das in Ordnung, sofern das Grundprinzip "Fordern und Fördern" nicht aufgegeben werde. Die Reformen seien "nicht die zehn Gebote". Zu seiner Zeit seien selbst die Gewerkschaften gegen Mindestlöhne gewesen, sie hätten darin einen Angriff auf die Tarifautonomie gesehen. Die Korrekturen spiegelten auch gesellschaftliche Veränderungen wieder.
Mindestlohn findet er richtig
Die von der SPD nun eingeschlagenen Korrekturen seiner Agenda 2010 lobt Schröder: "Wenn das Prinzip der Agenda nicht aufgegeben wird, ist es immer sinnvoll, über Detailveränderungen zu diskutieren." Mindestlohn etwa sei "einer der Punkte, wo - wie ich glaube - man in die richtige Richtung diskutiert". Ein anderer Punkt sei die Leiharbeit.
Schröder erfüllt die Erwartungen an ihn: Um Sprüche ist er nicht verlegen - aber er poltert nicht. Diese Gabe wird auch Peer Steinbrück zugeschrieben, dem Schröder frühzeitig die Eignung zum Kanzlerkandidaten bescheinigte. Seit dessen Ausrufung im vorigen Spätsommer ist es nicht wirklich gut gelaufen für Steinbrück, doch Schröder ist nachsichtig. Natürlich mache jemand, der eine Kandidatur eingehe wie Steinbrück, auch Fehler. "Geht er damit offensiv um, und hält ihn die Gruppe, für die er kandidiert? Beides ist der Fall", sagt der Altkanzler. "Gelegentlich gilt es zu beachten, dass Spitzenpolitiker keine Maschinen sind, manchmal ist man gut drauf, manchmal nicht."
Ratschläge will Schröder vor der Presse nicht erteilen. "Öffentlich gegebene Ratschläge sind mehr Schläge als Rat", zitiert er einen früheren SPD-Politiker. Aber er verweist auf den jüngsten rot-grünen Wahlerfolg in Niedersachsen gegen einen populären CDU-Ministerpräsidenten: "Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass sich nicht das Gleiche auf Bundesebene abspielen könnte", macht er der SPD Mut. Auf die schlechten Umfragen für Steinbrück und die SPD angesprochen wiederholt er seine Formel, das es auf das Ende ankommt: "Hinten sind die Enten fett."
Quelle: ntv.de, rts/dpa