Politik

Damoklesschwert über Düsseldorf Gerhardt will Massenrücktritt

Die Misere der FDP wird nun offenbar nicht mehr nur dem ehemaligen Parteivize Jürgen Möllemann angehaftet, sondern am gesamte Vorstand des nordrhein-westfälischen Landesverbandes festgemacht. Fraktionschef Wolfgang Gerhard soll bei der Klausurtagung seiner Partei in Berlin wegen der Parteispendenaffäre um den zurückgetretenen Landeschef und Bundesvize Jürgen Möllemann den Rücktritt des gesamten Düsseldorfer Landesvorstands gefordert haben.

Ein Neuanfang nach Möllemann sei nötig, hat Gerhard nach Angaben aus Fraktionskreisen gesagt. Alle Vorstandsmitglieder müssten auf dem geplanten Sonderparteitag neu gewählt werden. Gerhard selbst wollte das weder bestätigen noch dementieren. Er sei aber der Auffassung, dass der NRW-Vorstand eine Verantwortung für die gesamte Partei habe, sagte er vor Journalisten.

Flach will "symbolisch" zurücktreten

Die stellvertretende NRW-Landesvorsitzende Ulrike Flach kündigte indes an, dass der geschäftsführende FDP-Landesvorstand in Nordrhein-Westfalen am kommenden Montag "symbolisch" seinen Rücktritt anbieten werde. Dies berichtet der "Reutlinger General-Anzeiger". Flach will nach dem Rücktritt von Jürgen Möllemann den Landesvorsitz übernehmen. Diese Kandidatur erhalte sie aufrecht. "Einen Rückzieher lehne ich natürlich ab", sagte sie dem Blatt zufolge.

Den vom Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, verlangten Rücktritt des gesamten Landesvorstands wies sie zurück. Sie sagte: "Dabei würde es sich ja um rund 30 Leute handeln, das kommt nicht in Frage." Sie, ihr Stellvertreter Andreas Pinkwart sowie Landesschatzmeister Andreas Reichel würden am Montag bei einer vorgezogenen Sitzung des Landesvorstands "in einem symbolischen Akt zur Vertrauensbildung" ihren Rücktritt anbieten. Dabei werde sie auch eine Verschiebung des Landesparteitags auf einen Termin Anfang Dezember vorschlagen.

Bei den Liberalen kamen erneut Zweifel auf, ob Flach in das Vorsitzenden-Amt gewählt werden kann. "Die Zweifel bestehen", hieß es. In der Klausursitzung kam nach Teilnehmerberichten mehrfach Kritik an den Aufklärungsbemühungen der Düsseldorfer auf. Der Landesvorstand habe die Untersuchung der Finanzaffäre nicht intensiv genug vorangetrieben.

Die Bundesspitze hegt unter anderem den Verdacht, dass auf ein Konto der NRW-FDP Zahlungen eingegangen sind, die nicht mit dem Parteiengesetz vereinbar sind. Außerdem hatte Flach eingestehen müssen, dass sie schon vorab von dem umstrittenen israelkritischen Flugblatt Möllemanns wusste, Bundesparteichef Guido Westerwelle aber zu spät informiert hatte.

Westerwelle fühlt sich trotz allem gestärkt

Westerwelle fühlte sich gestärkt nach der Klausur. Die Teilnehmer hätten seinen Kurs bei der Aufklärung unterstützt. Er habe "unisono Solidarität" erfahren und wisse Partei und Fraktion 100-prozentig hinter sich. Er sei daher "außerordentlich zufrieden. "

Auch Gerhardt stützte seinen Nachfolger im Amt des Parteichefs. Nachfolger im Amt des Parteichefs. Mit Westerwelle sei ein notwendiger Generationenwechsel eingeleitet worden. "Dabei bleibt es", betonte er. Bei Teilnehmern der Klausur hieß es allerdings, ein Aufbegehren gegen den Parteichef sei schon deshalb unterblieben, weil keine personelle Alternative in Sicht sei. Westerwelle hatte in dieser Woche eingeräumt, dass sein Büro schon vorab über das umstrittene Möllemann-Flugblatt informiert war.

"Strategie 18" beerdigt

Verabschiedet hat sich die FDP von der im Bundestagswahlkampf verfolgten "Strategie 18". Dieses Wahlziel hatten die Liberalen von dem inzwischen von allen Parteiämtern zurückgetretenen Möllemann übernommen. Westerwelle machte Möllemann mit seiner Antisemitismus-Kampagne verantwortlich für das enttäuschende Abschneiden am 22. September. Einen Parteiausschluss Möllemanns schloss Westerwelle nicht aus, verwies aber auf die außerordentlich strengen Verfahrensvorschriften. Aber beraten werde darüber, sagte er.

Nach einem von Westerwelle vorgelegten und bei drei Enthaltungen einstimmig angenommenen Strategiepapier versteht sich die FDP als eine eigenständige und unabhängige Alternative zu allen anderen Parteien.

Quelle: ntv.de

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