Politik

Bundestag will Kinder schützen Gerichte können schneller helfen

Familiengerichte können vernachlässigten und misshandelten Kindern künftig schneller helfen, ohne zuvor ein Versagen der Eltern konkret nachweisen zu müssen. Der Bundestag verabschiedete ein Gesetz, das die Hürde für ein staatliches Eingreifen senkt. Die Fälle getöteter Kinder hätten die Defizite bei derartiger Intervention aufgezeigt, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD).

Die Deutsche Kinderhilfe und der Kinderschutzbund halten die Erfolgsaussichten des Gesetzes aber für gering: Gerichte und Jugendämter seien finanziell und personell zu schlecht ausgestattet, um die Vorgaben zu erfüllen.

Künftig können Eltern vom Gericht zur Inanspruchnahme öffentlicher Hilfe verpflichtet werden. Anders als bisher muss vor einer solchen staatlichen Intervention auch nicht mehr nachgewiesen werden, dass die Eltern bei der Erziehung tatsächlich versagt haben. "Das war in der Praxis oft schwierig", erklärte Zypries.

Überlastetes Personal

Die Deutsche Kinderhilfe bezeichnete das Gesetz als "Tropfen auf den heißen Stein". Die gegenwärtige Praxis zeige, dass die Familiengerichte vollkommen überlastet seien. "Es fehlen schlichtweg Richterinnen und Richter." Ferner hätten die Richter häufig eine rein juristische Ausbildung und keine Qualifizierung für sozialpädagogische Gespräche mit den Eltern. Die Jugendämter wiederum hätten zu wenig Geld und Mitarbeiter, um die von Familiengerichten angeordneten Hilfsangebote umzusetzen.

Die CDU-Abgeordneten Jürgen Gehb und Ute Granold räumten ein, auch mit den besten Gesetzen könne man nicht jedes elterliche Fehlverhalten rechtzeitig erkennen. "Wir sind auch künftig auf eine Kultur des Hinsehens angewiesen."

In Zukunft kann jeder einen Antrag beim Familiengericht stellen. Das Gericht ist dann verpflichtet, ein Verfahren einzuleiten. So muss innerhalb eines Monats ein Erörterungsgespräch angesetzt werden, um den Eltern den Ernst der Lage klar zu machen. Darüber hinaus können ihnen eine Erziehungsberatung oder soziale Trainingskurse verordnet werden. Wenn sich die Eltern weigern, drohen ihnen Geldstrafen und im schlimmsten Fall der Entzug des Sorgerechts. Zudem sind die Familiengerichte dazu verpflichtet, die angeordneten Maßnahmen in einem angemessenen Zeitraum zu überprüfen.

Viel zu spät gerufen

Das Gesetz beruht auf Empfehlungen einer Expertengruppe, die Zypries im März 2006 eingesetzt hatte. Die Ministerin sagte, die Gerichte seien bisher häufig viel zu spät angerufen worden und hätten dann den Eltern oft nur noch das Sorgerecht entziehen können. Ziel sei aber, gefährdete Kinder so früh wie möglich zu schützen und nicht erst einzugreifen, "wenn das Kind sprichwörtlich in den Brunnen gefallen ist".

Quelle: ntv.de

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