Gedankenspiele der Parteien Gesundheitswesen im Visier
20.04.2002, 12:10 UhrUnion, SPD und FDP haben sich im Fall einer Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl vorgenommen, das Gesundheitssystem zu reformieren. Medienberichten zufolge plant die SPD, die Rechte der Patienten zu stärken und den Krankenkassen mehr Einfluss zu gewähren. Die Union plane hingegen, dass Kassenpatienten ihre Arztrechnungen zunächst selbst bezahlen können. Die FDP soll sich neue Abstriche an der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zum Ziel gesetzt haben.
Gegen den Willen ihrer Gesundheitsministerin Ulla Schmidt fordere die SPD im Entwurf ihres Wahlprogramms eine Kompetenzverschiebung von den kassenärztlichen Vereinigungen zu den Krankenkassen, berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) sagte der "Berliner Zeitung", die Kassen sollten künftig Einzelverträge mit Medizinern abschließen und dafür besondere Tarife anbieten können. Unumstritten sei in der SPD, dass die Versicherungspflichtgrenze für neue Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung angehoben werde, meldet das Magazin "Focus".
Union für Selbstbeteiligung der Patienten
"Wir wollen keine Vollkasko-Versicherung mehr für jedes Zipperlein vorschreiben", sagte Unions-Fraktionschef Friedrich Merz der "Bild am Sonntag". Die Union schlage vor, den Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung festzuschreiben. "Der Arbeitnehmer kann dann über die Höhe seines Beitrags selbst entscheiden - je nachdem, ob er weiter eine Vollversicherung wünscht oder bereit ist, einen Teil seiner Krankheitskosten - etwa bis zu 500 Euro im Jahr - selber zu tragen", sagte Merz.
Noch am Samstag hatte die Union einen Bericht des "Spiegel" dementiert, nach dem sie im Falle eines Siegs bei der Bundestagswahl plant, Kassenpatienten ihre Arztrechnungen zunächst selbst begleichen zu lassen. Diese Darstellung sei komplett falsch, sagte eine CSU-Sprecherin und fügte hinzu: "Das ist überhaupt nicht im Wahlprogramm von CDU und CSU vorgesehen."
Der "Spiegel" meldete, nach dem Willen der Union sollten Kassenpatienten ihre Arztrechnungen künftig zunächst aus der eigenen Tasche bezahlen, bevor sie sich das Geld von ihrer Krankenkasse zurückholen. Dies gehe aus dem Programmentwurf der Union zur Bundestagswahl hervor. Um den tatsächlichen Aufwand für medizinische Leistungen deutlich zu machen und eine bessere Kontrolle zu ermöglichen, solle "im ambulanten Bereich eine Wahlmöglichkeit zwischen Sachleistungs- und Kostenerstattungsprinzip" geschaffen werden.
Rütteln an der Lohnfortzahlung?
Die FDP will bei einer Beteiligung an der Regierung nach der Wahl die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erneut auf den Prüfstand stellen. FDP-Präsidiumsmitglied Günter Rexrodt sagte der "Bild am Sonntag", die Lohnfortzahlung spiele eine große Rolle bei den Bemühungen um Arbeitsmarktreformen. Dem Blatt zufolge erwägt die FDP eine Rückkehr zu den seinerzeit von der christlich-liberalen Koalition durchgesetzten Kürzungen bei der Lohnfortzahlung. Die rot-grüne Regierung hatte diese zurückgenommen.
Quelle: ntv.de