Ausweitung von ABM? Geteiltes Echo
10.06.2002, 09:39 UhrDer Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) in Ostdeutschland auszuweiten, ist auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während Bundesarbeitsministerium und SPD den Vorstoß unterstützten, kam von Union und Teilen der Arbeitgeber scharfe Kritik.
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt warnte vor einer veralteten Arbeitsmarktpolitik. ABM seien nutzlose und teure Wartestationen, die "regelrechte Vermittlungsbarrieren" darstellten. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, zeigte hingegen Verständnis für Gerster. Für die ostdeutschen Bundesländer seien noch besondere Maßnahmen nötig, um die Arbeitslosigkeit dort zu senken.
Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) sprach von einem Versagen der rot-grünen Regierung. Ähnlich äußerte sich Unionsfraktionschef Friedrich Merz. "Das was da jetzt gemacht wird, ist eindeutig eine Verzweiflungstat der Bundesregierung im Hinblick auf den Arbeitsmarkt im Osten", sagte Merz im ZDF. Die Bundesregierung stehe in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik mit dem Rücken an der Wand, "und sie merkt vor allem, dass die Chefsache Aufbau Ost gründlich daneben gegangen ist", fügte er hinzu.
"ABM ist ein Notnagel"
Die Regierung wies den Vorwurf zurück, mit der Erhöhung von ABM solle die Arbeitslosenstatistik vor der Bundestagswahl geschönt werden. "Wir wollen nicht die Steigerung der ABM, sondern wir wollen sie auf dem Niveau vom Anfang des Jahres halten", sagte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering. Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums verwies darauf, dass die Zahl der ABM-Stellen im Osten derzeit um rund 100.000 niedriger läge als bei der Bundestagswahl 1998. Es gehe gehe nicht um eine Ausweitung, sondern um eine Stabilisierung der ABM.
"Ich habe immer gesagt, ABM ist ein Notnagel" verteidigte sich Gerster. Im Osten seien ABM derzeit unvermeidbar. Wegen der schwachen Konjunktur seien Eingliederungshilfen für den ersten Arbeitsmarkt wie Lohnkostenzuschüsse wenig Erflog versprechend. Daher würden sie zu Gunsten von ABM zurückgefahren.
Gerster hatte am Wochenende dafür plädiert, ABM-Maßnahmen angesichts der schwierigen Arbeitsmarktsituation in Ostdeutschland vorübergehend hochzufahren.
Institut stützt Regierung
Rückendeckung bekam die Regierung vom "Frankfurter Institut - Stiftung Marktwirtschaft und Politik". "Die Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik sind zwar leicht gestiegen, aber man kann dabei nicht von wahltaktischen Überlegungen ausgehen", sagte Diplom-Volkswirt Guido Raddatz. Dies zeige der Vergleich mit dem Vorjahr und mit der Entwicklung vor der Bundestagswahl 1998. Vom Frühjahr bis Herbst 1998 hatten sich ABM und Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM) unter der Kohl-Regierung nahezu verdoppelt. "Da liegt letztlich nahe, dass das wahltaktisch motiviert war", erklärte Raddatz.
Quelle: ntv.de