Politik

Nach Wolfowitz-Äußerung "Glaubwürdigkeit auf dem Spiel"

Die Äußerungen des stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz über die Gründe der USA für eine Invasion des Irak haben in Deutschland für Empörung gesorgt.

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler sagte, dies laufe darauf hinaus, dass die USA die Vereinten Nationen instrumentalisiert hätten. Mit dem Wandel in der Argumentation stehe die Glaubwürdigkeit der USA und Großbritanniens auf dem Spiel, erklärte Erler der "Berliner Zeitung". Es müsse geklärt werden, warum sich US-Präsident George W. Bush vor dem Krieg "hundertprozentig sicher" gezeigt habe, dass Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge, jetzt aber keine dort gefunden würden.

Der SPD-Politiker Egon Bahr riet Bundeskanzler Gerhard Schröder, eine mögliche Forderung Washingtons nach einer Unterwerfungsgeste abzulehnen. Bahr riet dem Kanzler, im Streit mit Bush standhaft zu bleiben. In einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte er, Schröder dürfe nicht nachgeben, wenn Washington "von ihm einen Canossagang" verlange. Amerika müsse und werde bald einsehen, dass es Deutschland als Partner brauche. Wenn Bush die Ablehnung des Irak-Kriegs Deutschland übel nehmen wolle, dann solle er Schröder eben nicht treffen.

Die nächste Möglichkeit zu einem Treffen bietet sich auf dem Gipfel der G-8 in Evian an diesem Sonntag und Montag, wo ein Einzelgespräch Schröders mit Bush allerdings nicht vorgesehen ist.

"Guardian": Powell und Straw hatten Zweifel

Die britische Zeitung "Guardian" berichtete am Samstag, US-Außenminister Colin Powell und sein britischer Amtskollege Jack Straw hätten Anfang Februar selbst starke Zweifel an den angeblichen Beweisen für irakische Massenvernichtungswaffen geäußert.

Dementis in Massen

Das britische Außenministerium in London bezeichnete den Bericht als "schlicht unwahr". Powell selbst betonte, die USA hätten "solide" Informationen gehabt. CIA-Direktor George Tenet wies in einer Stellungnahme den Verdacht zurück, politische Gründe hätten die "Integrität" der Geheimdienst-Analysen beeinträchtigt.

Der britische Premierminister Tony Blair nannte die Vorwürfe "absolut absurd". US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärte, der Krieg sei nicht unter einem falschen Vorwand geführt worden.

Pentagon relativiert Wolfowitz

Das Pentagon relativierte unterdessen die Äußerungen von Vizeverteidigungsminister Wolfowitz. Er war von dem Magazin "Vanity Fair " mit den Worten zitiert worden, die USA hätten sich bei ihrer Argumentation für einen Irak-Krieg aus "bürokratischen Gründen" auf Massenvernichtungswaffen konzentriert. Dies sei ein Grund gewesen, dem alle hätten zustimmen können.

Am Freitag erklärte eine Pentagonsprecherin dazu, die Erklärung von Wolfowitz sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Dieser habe betont, dass es immer mehrere Gründe für den Krieg gegeben habe. In einem Interview mit der "Washington Post" betonte der als Hardliner bekannte Politiker, es habe einwandfreie Geheimdienst-Erkenntnisse über die irakischen Massenvernichtungswaffen gegeben.

Neue Truppe auf der Suche nach Beweisen

Eine neue Spezialtruppe der USA soll nun die bisher erfolglose Suche nach biologischen und chemischen Waffen im Irak fortsetzen. Die so genannte Iraq Survey Group (ISG) wird am 7. Juni die bisherige Sucheinheit ablösen, die seit dem Sturz des Saddam-Regimes Dutzende verdächtiger Orte auf ABC-Waffen überprüft hat. Nach Angaben von Generalmajor Keith Dayton, dem Operationschef des Pentagon-Geheimdienstes und ISG-Leiter, wird die Gruppe aus 1.300 bis 1.400 Personen bestehen. Neben Amerikanern gehören auch Briten und Australier dazu. Dayton sagte eine langwierige Suche voraus, um das "Rätsel" der irakischen Massenvernichtungswaffen zu lösen.

Quelle: ntv.de

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