Randale in Athen Griechisches Sparpaket steht
06.05.2010, 20:57 UhrDas griechische Parlament stimmt mehrheitlich dem Sparprogramm der Regierung zu, das mit den Euro-Ländern und dem Internationalen Währungsfonds ausgehandelt worden war. Im Gegenzug erhält Griechenland in den kommenden drei Jahren Notkredite von 110 Milliarden Euro. Die Proteste gegen die Sparmaßnahmen ebben jedoch nicht ab; auch die Randale gehen weiter.

Gewaltausbrüche würden nicht weiterhelfen, sondern das Land nur noch tiefer in die Krise stürzen, warnte Ministerpräsident Papandreou bei der Parlamentsabstimmung.
(Foto: AP)
Einen Tag nach dem tragischen Tod von drei Menschen bei gewalttätigen Protesten gegen das Sparprogramm der Regierung hat das griechische Parlament die umstrittenen Maßnahmen gebilligt. Sie sollen das Land vor dem Bankrott retten und sind Voraussetzung für die Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Euro-Länder in Höhe von 110 Milliarden Euro. 172 Abgeordnete stimmten für das Sparprogramm, 121 votierten dagegen, drei enthielten sich.
Keine Alternative zum Sparprogramm
"Es ist irgendwie allen klar, dass es keine wirkliche Alternative gibt. Selbst wenn Griechenland nicht in der Währungsunion wäre, müsste es ja eine Rosskur durchführen", sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, bei n-tv. Diese Alternativlosigkeit dürfe auch in Griechenland angekommen sein.
Hüther glaubt zudem nicht an einen Flächenbrand in Folge der Griechenland-Krise, etwa bei Spanien oder Portugal. "Für diese Länder ist es eine Lektion", sagte der IW-Chef mit Blick auf das Sparprogramm in Athen. Zudem seien die Kapitalmärkte in ihrer Bewertung durchaus differenziert.
Tränengas und Schlagstöcke
Unterdessen formierten sich neue Proteste in Athen. Vor dem Parlament sammelten sich mehr als 3000 Demonstranten und riefen Parolen wie "Gebt uns unser Geld zurück" Richtung Parlamentsgebäude. Auch an zwei anderen Plätzen versammelten sich Demonstranten.
Am Abend löste die Polizei die stundenlange Demonstration vor dem Parlament iunter Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas auf. Dabei wurden Polizisten von einzelnen Demonstranten immer wieder mit Knallkörpern und Steinen beworfen. Die Demonstranten flüchteten in die Gassen rund um den zentralen Syntagma-Platz. Dort wurde die Polizei mit Brandflaschen angegriffen.
Die Lage beruhigte sich anschließend, berichteten Reporter vor Ort im Radio. Die Polizei hatte starke Einheiten im Zentrum der griechischen Hautstadt zusammengezogen. Überall waren Sicherheitsbeamte zu sehen. Passanten wurden kontrolliert.
Am Mittwoch waren bei blutigen Ausschreitungen drei Menschen ums Leben gekommen, sie waren in einem von Randalierern angegriffenen Gebäude bei lebendigem Leibe verbrannt. Aus Furcht vor weiteren Krawallen forderte die Polizeidirektion von Athen fast 2500 zusätzliche Sicherheitskräfte aus den Provinzen an.
Eine Schwangere unter den Toten
Derweil laufen die Ermittlungen über den tödlichen Brandanschlag auf eine Bankfiliale weiter, bei dem am Mittwoch drei Angestellte ums Leben gekommen sind. Die Aufnahmen von Überwachungskameras zeigen, dass ein Vermummter zunächst die Scheiben der Bank mit einem Hammer einschlug. Anschließend warfen mindestens drei andere Vermummte Molotowcocktails in das Gebäude. Es werde sehr schwer sein, ihre Identität zu ermitteln, sagten Polizeiexperten. Menschen legten Blumen vor der Bank nieder und zündeten Kerzen an.
Zwei Frauen im Alter von 32 und 35 Jahren und ein 36-jähriger Mann waren bei dem Brandschlag ums Leben gekommen. Die 32-Jährige war im vierten Monat schwanger. Vergeblich hatten die drei Bankangestellten versucht, sich auf das Dach des mehrgeschossigen Gebäudes zu retten. Sie atmeten giftige Gase ein, fielen in Ohnmacht und starben in den Flammen.
Streiks gehen weiter
Die Gewerkschaft der Bankangestellten rief am Donnerstag zu einem 24-stündigen Trauerstreik für die Opfer der blinden Gewalt auf. Aber auch die anderen Streiks gegen das Sparpaket gehen weiter. So wurden die Beschäftigen der Müllabfuhr und die Apotheker zur Arbeitsniederlegung aufgerufen.
In einer Erklärung verurteilte die für private Wirtschaft zuständige GSEE die gewalttätigen Auseinandersetzungen. Die Anstifter der "blinden Gewalt" fügten dem Anliegen der protestierenden Arbeiter Schaden zu. Die Gewerkschaft wolle aber weiter für ihre "berechtigten" Forderungen kämpfen.
Quelle: ntv.de, dpa