Gescheiterter Putschversuch Grotesker Alltag in Manila
29.11.2007, 14:29 UhrEs gibt wahrlich nicht viele Länder auf der Welt, wo so etwas wie die jüngsten Ereignisse in Manila, der Hauptstadt der Philippinen, möglich ist. Da stehen 50 des Putschversuchs Verdächtige vor Gericht, stehen einfach auf und besetzen unter dem Schutz derer, die sie eigentlich bewachen sollten, ein Luxushotel. Was sich wie ein Drehbuch einer Gerichtsshow aus dem Nachmittagsprogramm anhört, ist auf den Philippinen grotesker Alltag. Wieder einmal hat die Präsidentin Gloria Arroyo einen Umsturzversuch seitens des Militärs politisch überlebt. Beobachter fragen sich mittlerweile, wie viele „Gehen Sie nicht ins Gefängnis“-Karten in diesem Spiel noch drin sind. Viele werden es nicht mehr sein. Denn sollte Arroyo die Unterstützung der katholischen Kirche in dem Inselreich verlieren, gelten ihre Tage als gezählt. Doch die Präsidentin ist eine kluge Taktikerin. So erfüllte sie beispielsweise mit der Abschaffung der Todesstrafe auf den Philippinen eine der Hauptforderung des Vatikans, was ihr viele Streicheleinheiten aus Rom einbrachte. Doch hier steht auch die Glaubwürdigkeit des Vatikans auf dem Spiel. Denn so berechtigt die Forderung nach Abschaffung der ultimativen Strafe auch ist, bedeuten christliche Werte weit mehr als nur den Kampf gegen die Todesstrafe.
Die verwahrlosten Kinder in den Slums von Manila sind eine Schande für die Regierung und jene, die sie unterstützen. Teilweise 10-jährige Mädchen müssen auf den Strich gehen, um ihren Familien wenigstens zwei Mahlzeiten zu sichern. Bildung? Aufstiegschancen? Chancengleichheit? Nichts von dem existiert in den Armenvierteln von Manila.
Und auch die vergangenen Kommunal- und Provinzwahlen im Mai dieses Jahres liefen alles andere als christlich ab. 130 Oppositionspolitiker wurden teilweise auf bizarre Art ermordet: Die meisten wurden erhängt, erschossen, vergiftet, während einer sogar mit seinem Kopf im Backofen vergast wurde. 40 kritische Journalisten haben ebenfalls ihr Leben gelassen. Ein Blick in die Lebensversicherungsverträge der Assekuranz spricht Bände. Medienmitarbeiter dürfen ihr Leben nur noch auf maximal 100.000 US-Dollar versichern – gegen einen saftigen Risikozuschlag versteht sich. Journalisten sind somit in der selben Gruppe wie Fallschirmspringer und Hochseilartisten.
Die Korruption in dem Land, dessen gesamte Wirtschaft von rund 100 Bonzen geführt wird, ist so skandalös, dass selbst unter den Anhängern von Arroyo sich langsam aber sicher Unmut breit macht. Es gilt als offenes Geheimnis, dass prall gefüllt Briefumschläge politische Entscheidungen in den Philippinen beeinflussen. Das beste Beispiel dafür bietet der Warenterminmarkt in Manila. Drei Händler sollen angeblich den Handel für Bauholz dort kontrollieren. Durch illegale Preisabsprachen haben Außenstehende nicht einmal den Hauch einer Chance, Profite zu machen. Setzen sie auf steigende Kurse, wird der Kurs runtergeprügelt; setzen sie auf fallende Kurse, kaufen die Händler, als ob es kein Morgen gäbe. Eine Petition im Senat, dem Treiben ein Ende zu setzen, scheiterte kläglich.
Die Soldaten haben heute die Aufmerksamkeit der Welt kurzfristig auf sich gezogen. Spätestens am Montag wird kein Hahn mehr nach den Ereignissen von heute krähen – es sei denn, am Montag gibt es einen neuen Putschversuch.
Quelle: ntv.de