Politik

Medien kritisieren Müntefering Grüne schelten Schlauch

Die Chefredakteure mehrerer Medien haben SPD-Generalsekretär Franz Müntefering für dessen Strafanzeige gegen die "Bild"-Zeitung kritisiert. Die Medienmacher werteten die Anzeige als einen Angriff auf die Pressefreiheit und einen Versuch, unliebsame Recherchen zu verhindern, berichtet die "Bild" in ihrer Montagsausgabe. Müntefering hatte gegen das Blatt, den Steuerzahlerbund und einen Mitarbeiter der FDP Anzeige erstattet, weil sie offensichtlich "auf illegalem Wege Kenntnis vom Status der Bonusmeilen der Mitglieder des Bundestages erhalten" hätten.

Zugleich geriet in der Freiflug-Affäre der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rezzo Schlauch, in den eigenen Reihen in die Kritik. "Ich hätte mir gewünscht, dass das Gewissen und das Erinnerungsvermögen von Schlauch bereits intakt gewesen wäre, als er sich mit dem Fall Özdemir beschäftigen musste", sagte der Brandenburger Grünen-Chef Roland Vogt der "Bild am Sonntag".

Offenheit gefordert

Der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir Cem Özdemir hatte wegen der privaten Nutzung von dienstlich erworbenen Bonusmeilen der Lufthansa seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Schlauch musste am Freitag einräumen, ebenfalls mit Bonus-Punkten privat geflogen zu sein, einen Rücktritt deshalb jedoch ausgeschlossen.

Die Verteidigungsexpertin der Grünen, Angelika Beer, forderte ihre Kollegen im Bundestag auf, Klarheit in der Freiflug-Affäre zu schaffen. "Ich appelliere an alle Abgeordneten zu überprüfen, offen zu legen und sich bei den Steuerzahlern zu entschuldigen, wenn man dienstliche Bonusmeilen privat verflogen hat", sagte sie der "Bild am Sonntag".

"Juristischer Amoklauf"

Zu den Chefredakteuren, die sich zu Münteferings Anzeige äußerten, gehören unter anderem Stefan Aust vom "Spiegel", Helmut Markwort vom "Focus", Thomas Osterkorn und Andreas Petzold vom "Stern" sowie Jörg Howe von SAT1 und Hans Mahr von RTL.

"Wenn Politiker in ihrer Wahlkampf-Panik jetzt zum juristischen Amoklauf ansetzen oder gar mit neuen Gesetzen gegen die Unabhängigkeit der Presse vorgehen wollen, wird aus der Posse ein ernstes politisches Problem", wird Aust zitiert. Osterkorn und Petzold warfen Müntefering "ein merkwürdiges Demokratie-Verständnis" vor.

Presserat prüft Berichterstattung

Der Deutsche Presserat, Selbstkontroll-Organ der deutschen Printmedien, will noch vor der Bundestagswahl am 22. September zu der Berichterstattung über die Affäre Stellung beziehen. "Die Frage ist von besonderer Bedeutung, weil die Berichterstattung Einfluss auf die Wahlentscheidung der Bürger haben könnte", sagte der Experte für redaktionellen Datenschutz, Manfred Protze.

Politiker von SPD und Grünen hatten der "Bild"-Zeitung vorgeworfen, mit ihrer Berichterstattung über die Affäre eine gezielte Kampagne gegen Rot-Grün zu führen. "Wir werden das genau prüfen. Grundsätzlich muss die Berichterstattung wahrhaftig und ohne Vorverurteilung sein", erklärte Protze.

Quelle: ntv.de

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