"Zehnmal schlimmer als Militär" Gülen nennt Erdogan eine Bedrohung
17.03.2014, 13:10 Uhr
Mit seiner Hizmet-Bewegung gehörte Gülen ursprünglich zu den größten Unterstützern Erdogans - vor allem der Kampf gegen den Einfluss des Militärs einte sie dabei.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im aufgeheizten politischen Klima der Türkei greift der im US-Exil lebende Prediger Gülen direkt Ministerpräsident Erdogan an. Dieser sei ein größeres Übel für das Land als die einst putschenden Militärs. Doch auch Erdogan geht in die Offensive.
Dem islamischen Geistlichen Fethullah Gülen zufolge ist die derzeitige türkische Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan eine größere Bedrohung für das Land als die Militärregierungen der Vergangenheit. Durch den Druck, den Erdogans Regierung auf die Gesellschaft ausübe, sei die gegenwärtige Situation "zehn Mal schlimmer als während der Militärputsche", wie Gülen der Zeitung "Zaman" sagte.
Anders als zu den Zeiten der Militärherrschaft gehe der Druck diesmal allerdings von Zivilisten aus, "von denen wir annahmen, dass sie denselben Glauben hätten wie wir", sagte er mit Blick auf Erdogans islamisch-konservative Regierung der AKP.
Anhänger Gülens zwangsversetzt
Erdogan wiederum wirft Gülens "Hizmet"-Bewegung vor, staatliche Institutionen unterwandert zu haben und so die Regierung stürzen zu wollen. Auch hinter den im Dezember aufgetauchten Korruptionsvorwürfen gegen seine Regierung sieht der Ministerpräsident die Gülen-Bewegung und rückte den Prediger zuletzt in die Nähe der nationalistischen Untergrundorganisation Ergenekon. Erdogan ließ in den vergangenen Monaten tausende mutmaßliche Gülen-Anhänger in Polizei und Justiz versetzen und Schulen der Gülen-Bewegung schließen.
Gülen wies die Vorwürfe einer Unterwanderung des Staates zurück. Die Regierung habe keine Beweise für ihre Behauptung. Der 72-jährige betonte zudem, die Einheit seiner Bewegung sei trotz des Drucks der Regierung nicht gefährdet. Das Interview in der Zeitung "Zaman", die zu den Medien der Gülen-Bewegung gehört, soll in mehreren Teilen über einige Tage hinweg veröffentlicht werden.
Der Prediger lebt seit Ende der 1990er Jahre in den USA. Seine Bewegung hat in der Türkei mehrere Millionen Anhänger und verfügt über Einfluss im Staatsapparat. Bis zum vergangenen Jahr zählte die "Hizmet"-Bewegung zu den Unterstützern Erdogans, insbesondere im Kampf gegen den politischen Einfluss der Militärs. Nachdem etliche politische und wirtschaftliche Verbündete Erdogans jedoch im vergangenen Dezember nach Ermittlungen wegen Korruption verhaftet wurden, zerbrach das Bündnis zwischen Hizmet und der AKP.
Quelle: ntv.de, bwe/AFP