Politik

Glos geht im Groll Guttenberg als Nachfolger

Mitten in der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise wechselt die große Koalition den Wirtschaftsminister aus. Nachfolger des amtsmüden Michael Glos wird nach Informationen der Münchener "Abendzeitung" aus der CSU-Spitze Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer hatten sich zuvor nach dem überraschenden Rücktrittsangebot von Glos grundsätzlich darauf geeinigt, den Minister abzulösen. Am Samstag hatte Seehofer Glos' Bitte noch abgelehnt.

Neben Guttenberg waren auch CSU-Schatzmeister Thomas Bauer und der bayerische Umweltminister Markus Söder als Glos-Nachfolger gehandelt worden. Der Vorsitzende der Jungen Union in Bayern, Stefan Müller, sagte im ZDF, er rechne damit, dass Seehofer einen Nachfolger aus der Berliner CSU-Landesgruppe präsentieren werde – Guttenberg gehört der Landesgruppe an. Seehofer und Glos trafen sich am Abend an einem unbekannten Ort zu einem klärenden Gespräch.

Ramsauer sagt ab

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer stand nach Informationen aus Unionskreisen für die Glos-Nachfolge nicht zur Verfügung. Er habe aufgrund seiner Position das erste Zugriffsrecht gehabt, nehme aber sein Versprechen bei der Wahl zum Landesgruppenvorsitzenden ernst und wolle für eine Wahlperiode im Amt bleibe, hieß es.

Der 64-jährige Glos nannte am Samstag in einem Brief an Seehofer als Gründe für seinen Schritt sein Alter und seine persönliche Lebensplanung. Nach dpa-Informationen spielte auch das seit langem zerrüttete Verhältnis zu Seehofer eine Rolle. Glos sagte am Sonntagabend bei einem Auftritt vor Parteifreunden, sein Rücktrittsgesuch sei ein Beitrag, politisches Vertrauen in die CSU zurückzuerobern. Er werde alles tun, damit die Partei durch den Schritt keinen Schaden nehme.

Glos geht im Groll

Das Rücktrittsangebot begründete Glos in seinem Brief unter anderem damit, dass vor der Europawahl im Juni und der Bundestagswahl im September "Erneuerung, Gestaltungskraft und Glaubwürdigkeit" mehr gefragt seien denn je. Seehofer soll bereits hinter dem Rücken von Glos mögliche Nachfolger angesprochen haben. Dies habe das Fass bei dem Minister nach dreieinhalb Jahren im Kabinett zum Überlaufen gebracht, hieß es aus Unionskreisen.

Formal ist nicht der CSU-Chef, sondern die Bundeskanzlerin für die Zusammensetzung des Kabinetts verantwortlich. Die Praxis innerhalb der großen Koalition sieht aber so aus, dass jede Partei ihre Personalfragen selber klären kann. Von Merkel gab es bis zum späten Abend keinen offiziellen Kommentar.

SPD forderte schnelle Entscheidung

Der Koalitionspartner SPD hatte eine schnelle Entscheidung der Union über die Nachfolge von Glos verlangt. "Da muss wieder Ordnung geschaffen werden", sagte Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in der ARD. "Wir brauchen in dieser Lage einen handlungsfähigen Wirtschaftsminister." Die Opposition forderte die sofortige Absetzung des Ministers.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte: "Eine außer Kontrolle geratene bayerische Regionalpartei blockiert das ganze Land, und die Kanzlerin schaut macht- und tatenlos zu." FDP-Chef Guido Westerwelle forderte Merkel auf, die "Handlungsfähigkeit ihrer Regierung in den zentralen Bereichen der Wirtschaftspolitik" wieder herzustellen. Linke-Fraktionsvize Klaus Ernst bezeichnete es als "unverantwortlich", Glos gegen seinen Willen im Amt zu halten

Der frühere langjährige CSU-Landesgruppenchef Glos war nur Wirtschaftsminister geworden, weil der damalige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber nach der Wahl 2005 einen Wechsel nach Berlin überraschend ablehnte. Glos gilt als Vertreter einer konservativ ausgerichteten Wirtschaftspolitik, der aber in der Großen Koalition nur wenige Akzente setzen konnte.

Quelle: ntv.de

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