Thailand liefert Bout an die USA aus "Händler des Todes" vor Gericht
16.11.2010, 22:29 Uhr
In den USA könnte Bout lebenslang hinter Gitter kommen.
(Foto: REUTERS)
Dem als "Händler des Todes" bekannten mutmaßlichen russischen Waffenhändler Viktor Bout wird in den USA der Prozess gemacht. Thailand hatte der Auslieferung des 43-Jährigen nach langem Zögern zugestimmt. Russland kritisiert die Entscheidung scharf und will den früheren sowjetischen Armeepiloten zu unterstützen. Moskau befürchtet, Bout könnte Staatsgeheimnisse verraten.
Er soll sechs Fremdsprachen sprechen, über mindestens sieben verschiedene Identitäten verfügt und die blutigsten Konflikte der Welt mit Waffenlieferungen angeheizt haben: Der von Thailand an die USA ausgelieferte mutmaßliche russische Waffenhändler Viktor Bout hat mehr als zwei Jahrzehnte lang zahlreiche Sicherheitsbehörden und Geheimdienste in Atem gehalten. Bereits im Jahr 2005 diente das Leben des schnurrbärtigen Mannes als Vorlage für den Hollywood-Film "Lord of War - Händler des Todes" mit Nicolas Cage in der Hauptrolle, in dem der Bösewicht der Justiz entkommen kann.
Im wahren Leben muss sich Bout nun jedoch vor der US-Justiz verantworten, die ihm Geschäfte mit Terroristen und eine damit einhergehende Gefährdung von US-Bürgern vorwirft. Nach Ansicht der US-Staatsanwaltschaft soll er bei Treffen, die unter anderem in Dänemark und Rumänien stattfanden, Waffen in dem Wissen verkauft haben, dass diese im Kampf gegen US-Hubschrauber eingesetzt werden sollten. Die US-Fahnder werfen Bout zudem vor, mit seinen Geschäften blutige Konflikte und Regime in Afghanistan, Angola, der Demokratischen Republik Kongo, Liberia, Ruanda, Sierra Leone und dem Sudan unterstützt zu haben.
Waffen in alle Krisenregionen
Bout wurde von Interpol vor allem wegen Waffengeschäften in Afrika weltweit gesucht. Demnach soll er den liberianischen Rebellenchef Charles Taylor, die Rebellen im Kongo, aber auch die Taliban und das Terrornetzwerk Al-Kaida im Vorfeld des 11. Septembers 2001 beliefert haben. Im März 2008 wurde er in einem Hotel in der thailändischen Hauptstadt Bangkok festgenommen. Dort wollte er sich zu Verhandlungen mit kolumbianischen FARC-Rebellen treffen, die sich jedoch als US-Agenten entpuppten. Sein anschließender erster Auftritt vor einem thailändischen Gericht in Handschellen und mit einer schusssicheren Weste sorgte für Aufsehen.
Staatsgeheimnisse auf dem Spiel
Die USA flogen Bout, der alle Vorwürfe vehement bestreitet und angibt, legal im Flugfrachtgeschäft tätig gewesen zu sein, nach der Auslieferungsentscheidung Thailands umgehend aus. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe. Seiner Auslieferung gingen in Thailand zweijährige juristische Auseinandersetzungen voraus. Im August wurde eine Grundsatzentscheidung über seine Überstellung an die USA gefällt, die jedoch erst nach einer Zustimmung der thailändischen Regierung in die Tat umgesetzt werden konnte. Gegen Bouts Auslieferung stemmte sich vor allem Russland, das nach Einschätzung heimischer Experten fürchtet, er könne bei den anstehenden Verhören Staatsgeheimnisse an die USA verraten.
Die "einzigartige Kreatur"
Der Journalist Douglas Farah, der im Jahr 2007 ein Buch über Bout veröffentlichte, nannte ihn darin eine "einzigartige Kreatur". Der frühere britische Außenminister Peter Hain prägte den Begriff eines "Händlers des Todes". Nach Erkenntnissen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International lieferte Bout teilweise mit einer Flotte von bis zu 50 Flugzeugen gleichzeitig Waffen nach ganz Afrika. Mehrere UN-Berichte beschreiben Bout als eine Art Pionier einer mafiösen Globalisierung, die mit einem weltumspannenden Handel Staaten und Gesetze umgeht.
Bout, der laut einem UN-Bericht im Jahr 1967 in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe geboren wurde, studierte am Moskauer Militärinstitut für Fremdsprachen unter anderem Englisch, Französisch und Portugiesisch. Er war Offizier bei der sowjetischen Luftwaffe, bevor er den Zusammenbruch des Ostblocks nutzte, um günstig an Waffen und Munition aus alten Sowjetbeständen zu kommen. Ein Engagement für den sowjetischen Geheimdienst KGB bestritt er stets.
Quelle: ntv.de, AFP