Schlag gegen das "System Haider" Haftstrafe für Ex-ÖVP-Chef
02.10.2012, 09:34 Uhr
Josef Martinz will in Berufung gehen.
(Foto: dpa)
Knalleffekt im Kampf gegen Korruption in Österreich: In Kärnten werden vier Haftstrafen wegen Untreue rund um den Hypo-Alpe-Adria-Verkauf ausgesprochen. Das Erbe des verstorbenen Rechtspopulisten Jörg Haider zerfällt.
In Österreich ist der ehemalige Parteichef der konservativen ÖVP Kärntens, Josef Martinz, zu einer fünfeinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Dem Politiker und drei weiteren Angeklagten wurde Untreue vorgeworfen. Als Strippenzieher hinter illegalen Parteifinanzierungen wird der verstorbene Rechtspopulist Jörg Haider gesehen.
Bei der Urteilsverkündung im "Birnbacher-Prozess" am Montag im Landesgericht Klagenfurt herrschte regen Medienandrang. Den Stein ins Rollen brachte der Steuerberater Dietrich Birnbacher mit seiner Aussage, im Zuge des Verkaufs der Landesanteile der Kärntner Hypo Alpe-Adria-Bank an die Bayerische Landesbank ein mit 6 Millionen Euro völlig überteuertes Gutachten verfasst zu haben.
Der deutsche Gutachter Frank Schäfer hat den Wert der Arbeit im Verfahren mit maximal 300.000 Euro beziffert. Birnbacher hatte bereits gestanden, mit Martinz und Haider Parteienfinanzierung vereinbart zu haben. Ein Drittel des Honorars sollte sowohl an die ÖVP als auch an Haiders Partei BZÖ fließen. Birnbacher wurde zu drei Jahren Haft - zwei davon auf Bewährung - und zu einer Geldstrafe verurteilt.
"Ich wurde als Werkzeug missbraucht"
Birnbacher hatte im Prozess ein Geständnis abgelegt: "Aus der damaligen Sicht habe ich mich nicht als Werkzeug gesehen. Aus der heutigen Sicht weiß ich, dass ich sehr wohl als Werkzeug missbraucht wurde. Ich bereue es, bei diesem Spiel mitgespielt habe."
Eines der "schmutzigsten Geschäfte Kärntens" nannte Richter Manfred Herrnhofer den Hypo-Deal. Erschwerend wertete er die "hohe kriminelle Energie" der Angeklagten. Als Drahtzieher sieht das Gericht Haider an: Hier gab es ein Primat der Politik. Haider war derjenige, der politisch bestimmt hat."
Das Gericht sprach außerdem zwei Vorstände der Kärntner Landesholding schuldig: Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander wurden zu drei bzw. zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Sie hätten wissen müssen, dass das Honorar Birnbachers völlig überhöht war. Martinz, Megymorez und Xander legten umgehend Berufung ein. Birnbacher erbat sich drei Tage Bedenkzeit. Er hatte gehofft, über die "kleine Kronzeugenregelung" an ein milderes Urteil zu kommen.
"Unappetitlich, aber nicht strafbar"
Die Anwälte von Martinz, Megymorez und Xander versuchten, Birnbacher als Alleinschuldigen darzustellen. Birnbacher sei kein "Saubermann und Aufdecker", er habe Haider und Martinz getäuscht, zitiert die Zeitung "Die Presse" den Martinz' Anwalt. Über die 6 Millionen Euro sagte er: "Exorbitant hohe Transaktionssummen verursachen exorbitant hohe Erfolgshonorare." Es sei "politisch unappetitlich", aber nicht strafbar, "wenn man danach Parteien nutznießen lässt".
Das südlichste Bundesland Österreichs sorgte in den vergangenen Monaten häufig für negative Schlagzeilen. Uwe Scheuch, der Haider nach seinem Tod 2008 als Parteichef folgte, trat im August zurück. Er wurde zuvor wegen Bestechlichkeit zu einer Geld- und Bewährungsstrafe verurteilt.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa