Politik

Agypten stimmt über Verfassung ab Handschrift der Islamisten

Anhänger von Präsident Mursi demonstrieren lautstark für den Verfassungsentwurf.

Anhänger von Präsident Mursi demonstrieren lautstark für den Verfassungsentwurf.

(Foto: dpa)

Knapp zwei Jahre nach dem Sturz von Präsident Mubarak ist Ägypten tief gepalten. Sein Nachfolger Mursi will eine Verfassung durchdrücken, die klar die Handschrift der Islamisten trägt. Nun soll das Volk entscheiden.

"Nein" steht auf Arabisch auf dem Transparent dieser Demonstrantin, die den Verfassungsentwurf ablehnt.

"Nein" steht auf Arabisch auf dem Transparent dieser Demonstrantin, die den Verfassungsentwurf ablehnt.

(Foto: dpa)

Nach wochenlangen, teils blutigen Protesten von Gegnern und Anhängern des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi stimmen die Ägypter ab heute über den von ihm gewollten Verfassungsentwurf ab. Das umstrittene Dokument entstammt der Feder der Muslimbrüder. Auch die radikalen Salafisten haben daran mitgearbeitet. Die liberalen Parteien und die Linke wollen gegen die Verfassung stimmen, der ein islamisch-konservatives Weltbild zugrunde liegt.

In den Großstädten Kairo und Alexandria und acht weiteren Provinzen wird heute abgestimmt. In den restlichen 17 Provinzen findet das Referendum eine Woche später statt.

Gesellschaft tief gespalten

Der Verfassungsprozess hat die ägyptische Gesellschaft tief gespalten. In den vergangenen Wochen kam es bei Demonstrationen mehrfach zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Islamisten und ihren Gegnern.

Noch wenige Stunden vor Beginn des Referendums rief die Opposition die Wähler eindringlich dazu auf, mit Nein zu stimmen. Wer das Referendum boykottiere, spiele den Muslimbrüdern in die Hände, erklärte Naguib Sawiris, einer der erfolgreichsten Unternehmer des Landes, am Freitag über den Kurznachrichtendienst Twitter.

Die revolutionäre Jugendbewegung 6. April kündigte an, sie werde ihren Protest auf dem Tahrir-Platz in Kairo beenden, um die Abstimmung nicht zu behindern. Sie rief die Bürger ebenfalls auf, gegen die Verfassung zu stimmen. Auch der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, appellierte in diesem Sinn an die Wähler.

Muslimbrüder für "Herrschaft des Volkes"

Der Vorsitzende der Partei der Muslimbruderschaft, Saad al-Katatni, erklärte dagegen nach Angaben lokaler Medien, wer für die Verfassung stimme, sei "für die Herrschaft des Volkes".

 Am Vortag hatten Islamisten und ihre Gegner noch einmal ihre Anhänger mobilisiert. Vor einer Moschee in Kairo versammelten sich nach dem Freitagsgebet mehrere tausend Islamisten und warben für den Verfassungsentwurf. Die Kundgebungen der Opposition waren weniger gut besucht. Um Gewalt zu vermeiden, hatten die Organisatoren die Marschrouten so gewählt, dass sich beide Lager auf der Straße nicht ins Gehege kamen.

 In der Hafenstadt Alexandria kam es am Freitag zu Zusammenstößen zwischen islamistischen Demonstranten und Anhängern der Opposition. Dabei wurden nach einem Bericht des Nachrichtensenders Al-Arabija 13 Menschen verletzt.

Keine Rede von Gleichberechtigung

Die liberalen Parteien bemängeln, dass die Gleichberechtigung der Frau in der Verfassung nicht explizit erwähnt ist. Außerdem sind sie gegen eine Ausweitung der Macht der Religionsgelehrten auf Kosten der Justiz. Die linken Parteien kritisieren, dass die Verfassung die Gründung unabhängiger Gewerkschaften verbiete und dass sich die Löhne der Arbeiter an der Produktivität und nicht an den Unternehmensgewinnen orientieren sollen.

Dem Islamisten Mohammed al-Sawahiri dagegen geht der Entwurf für die neue Verfassung noch nicht weit genug. Der Bruder des Al-Kaida-Anführers Eiman al-Sawahiri riet seinen Landsleuten deshalb, nicht an dem Referendum teilzunehmen. Er sagte der ägyptischen Tageszeitung "Al-Watan" (Freitagsausgabe): "Der einzige Souverän ist Gott und niemand sonst."

Quelle: ntv.de

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