Politik

Partei-Linke gegen SPD-Führung Harte Kritik an "Basta-Politik"

In Kassel kommen etwa 100 linksgerichtete SPD-Mitglieder zusammen, um über den künftigen Kurs der angeschlagenen Partei zu beraten. Vor allem die alte SPD-Führung kommt bei dem Treffen schlecht weg.

Der SPD-Sozialexperte Ottmar Schreiner fordert, dass Beschlüsse künftig gemeinsam gefasst werden sollen.

Der SPD-Sozialexperte Ottmar Schreiner fordert, dass Beschlüsse künftig gemeinsam gefasst werden sollen.

(Foto: dpa)

Namhafte SPD-Politiker haben kurz vor dem Bundesparteitag in Dresden die Führungslinie der Partei kritisiert. "Die Basta-Politik der SPD-Führung wird in der ganzen Partei beanstandet. Da werden ganz oben einsame Entschlüsse gefasst werden, und der Rest wird nach dem Motto "Friss oder stirb" dahinter gebracht. Das ist kein demokratisches Verfahren", sagte der SPD-Sozialexperte Ottmar Schreiner in Kassel vor einem sogenannten Basisratschlag.

Zu dem Treffen linksgerichteter SPD-Politiker waren etwa 100 Mitglieder gekommen, darunter auch die ehemalige hessische SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti. Die Parteilinken wollen über neue Politik-Leitlinien sprechen.

Matschie fordert mehr Arbeit vor Ort

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer sagte: "Es gibt einen großen Diskussionsbedarf darüber, wie es weitergehen kann. Die SPD ist momentan nicht intakt. Es geht darum, dass die SPD wieder zu einer Identität findet." Die Aufarbeitung der "verheerenden Niederlage" bei der Bundestagswahl Ende September sei deutlich zu kurz gekommen, sagte Schreiner.

Nach Ansicht des Präsidiumsmitglieds und Thüringer SPD-Landeschefs Christoph Matschie kann die Partei ihre Schwäche mit Basisarbeit überwinden. "Wir müssen stark werden über die Kommunen und die Länder, mit engagierter Arbeit vor Ort", sagte Matschie. "In den vergangenen Jahren sind weniger inhaltliche Positionen zerbrochen, sondern vielmehr das Vertrauen zur SPD."

Gabriel: Wählern fehlt ein klares Bild

Die SPD hatte bei der Bundestagswahl Ende September mit 23 Prozent und einem Minus von 11 Punkten ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik eingefahren. Auf dem Bundesparteitag in Desden vom 13. bis zum 15. November soll Sigmar Gabriel zum neuen SPD-Chef gekürt werden.

Gabriel und die künftige Generalsekretärin Andrea Nahles waren bereits zuvor in einem "Spiegel"-Interview zu ihren Vorgängern auf Distanz gegangen. "Der Wähler hat einfach kein klares Bild mehr davon, wofür wir stehen", sagte Gabriel. Allerdings wandte er sich im Berliner "Tagesspiegel" gegen Forderungen nach einer völligen Abkehr von der SPD-Politik der vergangenen Jahre.

Wowereit fordert Erneuerung der Partei

Die Partei brauche "alles andere als eine Totalrevision ihrer Politik, sondern eine ehrliche Analyse, was gut war und was sie verändern und weiterentwickeln muss", sagte Gabriel. "Es war bei weitem nicht alles falsch, was war", fügte der frühere Bundesumweltminister mit Blick auf die Diskussion um die Agenda 2010 hinzu. Die SPD habe guten Grund, auf viele Dinge ihrer Regierungszeit stolz zu sein.

Der künftige SPD-Vizevorsitzende Klaus Wowereit forderte unterdessen eine programmatische Erneuerung seiner Partei. "Unsere Themen - wie Mindestlohn oder Schwerpunkt Bildung - sind richtig. Aber die Glaubwürdigkeit hat gelitten, und daraus müssen Lehren gezogen werden, auch programmatisch", sagte der Regierende Bürgermeister von Berlin der "Bild am Sonntag".

Nach ihrem Absturz müsse die SPD "jetzt neu anpacken", die "Lage offen analysieren, die Mitglieder dabei beteiligen". Wowereit selbst kündigte an, als "Repräsentant einer großen Stadt die Probleme einer Metropole" in die Bundespolitik einbringen zu wollen. "Konkret will ich mich um die Integration von Migranten, um Bildung, um eine liberale Gesellschaft kümmern", kündigte er an.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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