Eine Handvoll Euro mehr Hartz IV steht - und wackelt
25.02.2011, 12:52 Uhr
(Foto: dpa)
Mit großer Mehrheit passiert die Reform der Hartz-IV-Bezüge Bundestag und Bundesrat. Damit erhöht sich der Regelsatz rückwirkend um 5 Euro, Anfang 2012 packt die Regierung noch 3 Euro drauf. Doch es steht schon so gut wie fest, dass die Neuregelung erneut in Karlsruhe landet.
Der Weg für höhere Hartz-IV-Regelsätze und das Bildungspaket für bedürftige Kinder ist endgültig frei. Nach monatelangem Tauziehen nahm das Gesetzespaket die letzten parlamentarischen Hürden. Bundesrat und Bundestag stimmten mit großen Mehrheiten zu. Wahrscheinlich müssen sich aber die Verfassungsrichter in Karlsruhe erneut mit dem Gesetz befassen.
Mit den Beschlüssen erhalten rund 4,7 Millionen erwachsene Hartz-IV-Empfänger rückwirkend zum 1. Januar einen um 5 auf 364 Euro erhöhten Regelsatz. Anfang 2012 soll dieser Betrag um mindestens weitere 3 Euro steigen. Der Nachschlag von 15 Euro für drei Monate sowie der erhöhte Regelsatz werden Anfang April ausbezahlt.
Daneben gibt es für etwa 2,5 Millionen bedürftige Kinder Leistungen aus einem mit 1,6 Milliarden Euro dotierten Bildungspaket. Für 1,2 Millionen Beschäftigte in drei Branchen - darunter die Zeitarbeit - soll es Mindestlöhne geben.
Von der Leyen erleichtert
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen lobte im Bundestag den Kompromiss, den die schwarz-gelbe Koalition im Vermittlungsausschuss mit der SPD ausgehandelt hatte. "Am Ende stand die Allianz der Vernünftigen", befand sie erleichtert. Bei großen sozialen Reformen sei es richtig, einen breiten Konsens herzustellen. "Das Bildungspaket ist so gut geworden, weil es unser gemeinsames Bildungspaket ist".
Auch die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig zeigte sich zufrieden mit dem ausgehandelten Kompromiss, mahnte aber bessere Regelungen für die Zeitarbeit an. "Wir werden gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchsetzen", kündigte sie in der Debatte an. Schwesig räumte zugleich ein, dass die SPD nach wie vor verfassungsrechtliche Bedenken wegen der nur geringen Erhöhung des Regelsatzes habe. Die harten und zähen Verhandlungen bis auf die letzten Meter hätten sich am Ende aber gelohnt. Selbstkritisch räumte sie ein: "Sozialpolitische Geschichte haben wir heute hier nicht geschrieben."
Linke und Grüne wütend
Linke und Grüne machten erneut verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuberechnung des Regelsatzes geltend und äußerten die Erwartung, die Neuregelung werde wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen.
Für die Grünen, die kurz vor Abschluss der Verhandlungen ausgestiegen waren, fand Verhandlungsführer Fritz Kuhn deutliche Worte. "Wir halten die Regelsätze, so wie sie jetzt bestimmt sind, nicht für verfassungskonform", stellte er klar.
Linksfraktions-Chef Gregor Gysi warf Union, FDP und SPD vor, sie hätten auf dem Rücken der Ärmsten ein verfassungswidriges Gesetz ausgearbeitet. Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck räumte ein, er sehe "nicht ohne Sorge" der Überprüfung des Verfassungsgerichts entgegen.
Enthaltungen im Bundesrat
Im Bundesrat enthielten sich Berlin, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland aus Gründen des Koalitionsfriedens der Stimme. In diesen Ländern sitzen Grüne oder Linke mit in der Regierung.
Im Bundestag bekam der Kompromiss aus dem Vermittlungsausschuss - es bedurfte dafür zweier Anläufe - eine deutliche Mehrheit: In namentlicher Abstimmung votierten 433 Abgeordnete dafür. Es gab 132 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen.
Quelle: ntv.de, cba/dpa/rts