Politik

"Es geht doch gar nicht um mich" Henkel will seine Haut retten

In der Affäre um das Terrortrio NSU und einen Berliner V-Mann will Innensenator Henkel für Klarheit sorgen. Stattdessen tun sich neue Fragen auf - für den CDU-Politiker wird es immer unbequemer.

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Henkel verteidigte seine Aussage, es sei mit der Bundesanwaltschaft verabredet worden, die Erkenntnisse über den V-Mann Thomas S. erst einmal nicht weiterzugeben, um strafrechtliche Ermittlungen nicht zu behindern. Dieser Darstellung hatte die Karlsruher Behörde am Dienstagabend widersprochen.

"Die Berliner Polizeiführung hat mir glaubhaft dargestellt, dass es eine Vereinbarung zwischen Generalbundesanwaltschaft und Polizei gab, die Informationen über die V-Person solange geheim zu halten, bis die Gefährdung der V-Person und der laufenden Ermittlungen geprüft ist", sagte Henkel. Er verwies dabei auf einen Besuch der Polizeivizepräsidentin und weiterer leitender Mitarbeiter der Berliner Polizei bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am 20. März 2012. "Ich habe keinen Anlass, an dieser Darstellung zu zweifeln."

"Semantische Spitzfindigkeiten"

Related contentEs sei darum gegangen, das laufende Ermittlungsverfahren und das Leben des V-Mannes nicht zu gefährden, sagte Henkel. Im ZDF sprach er von "semantischen Spitzfindigkeiten". Einen Widerspruch zu den Aussagen der Bundesanwaltschaft sieht Henkel nach eigenen Worten nicht.

Ein Sprecher der Karlsruher Behörde hatte am Dienstagabend zu Henkels Darstellung gesagt: "Alle Beteiligten waren sich über die Sensibilität der Informationen für die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft bewusst." Und: "Absprachen über Zeitpunkt und Form der Übermittlung der Erkenntnisse an den NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags" seien nicht getroffen worden.

"Es geht nicht um mich persönlich"

Eine Debatte über seine Verantwortung will Henkel vermeiden: "Es geht doch gar nicht um mich persönlich. Es geht mir darum, dass wir Licht ins Dunkel dieser Angelegenheit bringen", sagte er auf die Frage, ob er einen Rücktritt in Erwägung ziehe.

Die SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss, Eva Högl, forderte aufgrund der widersprüchlichen Darstellung nun Auskunft über das konkrete Verhalten der Bundesanwaltschaft im Fall des früheren Berliner V-Mannes. Sie habe schriftlich in Karlsruhe angefragt, ob Absprachen mit Berlin getroffen worden seien und hoffe auf eine rasche Antwort, sagte sie im Inforadio des RBB.

Högl bestätigte, dass der Untersuchungsausschuss am Dienstag die vom Land Berlin erbetenen Akten erhalten habe. Nunmehr müsse geprüft werden, ob der Hinweis des V-Mannes im Februar 2002 auf den Aufenthaltsort der Zwickauer Terrorgruppe an andere Behörden weitergeleitet und was veranlasst wurde. Bislang ist nicht bekannt, ob dieser Hinweis beachtet wurde.

Für die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Neonazi-Opfer, Barbara John, sind die Aufklärungspannen der Berliner Behörden Ausdruck einer "Krise der staatlichen Bürokratie". Mit ein paar "komfortablen Rücktritten von ein paar Behördenleitern" sei es nicht getan, sagte John der Nachrichtenagentur dpa. Die Bundesregierung müsse Strukturmängel beheben, um das Grundvertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen. Für die Hinterbliebenen der Opfer des Terrortrios seien die jüngsten Ergebnisse im NSU-Untersuchungsausschuss "niederschmetternd und sehr enttäuschend".

Quelle: ntv.de, dpa

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