Politik

Schröder für EU-Beitritt der Türkei Hintze kritisiert den Kanzler

Bundeskanzler Schröder hat der Türkei die Unterstützung Deutschlands zu Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union zugesichert. Sollte die EU-Kommission einen positiven Bericht zum Stand der Reformen in der Türkei vorlegen, werde Deutschland beim EU-Gipfel im Dezember dafür stimmen, Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen, sagte Schröder nach einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Pastor Hintze will mitreden

Der europapolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Hintze (CDU), hat die von Schröder angekündigte Zustimmung Deutschlands kritisiert. "Der Bundeskanzler betreibt hier einen Beitrittsautomatismus für die Türkei, den wir für hochgefährlich halten", sagte Hintze in einem Fernseh-Interview.

Die Union erwarte, "dass die Regierung hier nicht das Parlament überrollt, sondern dass Bundestag und Bundesrat mitentscheiden dürfen, ob die Bundesregierung im Dezember Ja sagt zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen", sagte Hintze weiter.

"Kein Problem mit der Türkei"

Deutschland wird nach Schröders Angaben jedoch auf jeden Fall für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stimmen, so dass Pastor Hintzes Wunsch vermutlich unerfüllt bleiben wird.

"Deutschland hat mit der Türkei kein Problem", sagte Schröder. Es wolle aber auch keines mit anderen Staaten haben. Beim EU-Gipfel im Dezember müsse daher ein einstimmiger Beschluss gefasst werden. Der Kanzler lobte Erdogans "herausragende staatsmännische Leistungen" bei den Reformen. Sowohl Schröder als auch Erdogan betonten, die eigentliche Arbeit sei nun die Umsetzung der Reformen. Dies werde die Kommission während der gesamten Beitrittsverhandlungen beobachten, sagte Schröder. Angesichts dessen, was seit dem Amtsantritt Erdogans geleistet worden sei, sei jedoch davon auszugehen, dass ausstehende Reformen erledigt würden.

Erdogan: EU-Erweiterung versöhnt Zivilisationen

Erdogan sagte, es dürfe nun keinen Mentalitätswandel in der Türkei geben. Seine Regierung habe "den politischen Willen", die Reformen umzusetzen. Er sei der Überzeugung, dass eine um die Türkei erweiterte EU eine Garantie für mehr Frieden in der Welt sei und habe die Hoffnung, dass sich die Zivilisationen in Europa dadurch versöhnten.

Die Türkei rechnet fest mit einer positiven Entscheidung aus Brüssel zur Aufnahme von Verhandlungen über einen EU-Beitritt. In der n-tv Sendung "Maischberger spezial" am Sonntag sagte Erdogan: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, jetzt ist die EU dran." Für Ankara gebe es "keine ergebnisoffenen Verhandlungen ", betonte Erdogan. Die Türkei sei als Beitrittskandidat anerkannt worden, also könne am Ende der Verhandlungen nur der Beitritt seines Landes in die EU stehen.

Am Sonntagabend wurde Erdogan in Berlin mit dem "Quadriga"-Preis für bürgerliches Engagement geehrt; bei der Verleihung hielt Schröder die Laudatio.

"Bild": Kommission empfiehlt Verhandlungen

Die EU-Kommission wird nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei empfehlen.Die Zeitung berichtete am Sonntag vorab aus der Montagausgabe, in dem für Mittwoch erwarteten Bericht der Kommission heiße es: "Die Kommission geht davon aus, dass die Türkei die politischen Kriterien ausreichend erfüllt hat, und empfiehlt, dass Beitrittsverhandlungen eröffnet werden."

Verheugen spricht von kritischem Bericht

EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen hatte zuvor kündigte allerdings angekündigt, der Bericht der EU-Kommission über den Stand der Reformen in der Türkei werde viel kritischer sein, als die meisten Beobachter erwarten.

Verheugen sagte der "Bild am Sonntag", für die Türkei werde es nicht einfach sein, "alles zu schlucken, was wir aufgeschrieben haben ". Die endgültige Entscheidung über Verhandlungen treffen die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Gipfeltreffen im Dezember. Ein Beitritt der Türkei sei dann "frühestens 2015 möglich", sagte Verheugen. "Am Ende entscheiden das Europaparlament und die Parlamente in den Mitgliedstaaten." Es gebe keinen Automatismus.

Widerstand in SPD

In der SPD gibt es laut dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel"Widerstand gegen Schröders Haltung zu einem EU-Beitritt der Türkei. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte, unter den einfachen Genossen gebe es "erhebliche Vorbehalte". Der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Rainer Wend (SPD), betonte: "In Wahrheit will ein Großteil unserer Basis die Türken nicht dabeihaben."

Quelle: ntv.de

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