Politik

Gewiefter Europa-Funktionär Hoffmann ist neuer DGB-Chef

Reiner Hoffmann war lange Zeit für die Gewerkschaften auf  EU-Ebene tätig. Nun ist er neuer DGB-Chef.

Reiner Hoffmann war lange Zeit für die Gewerkschaften auf EU-Ebene tätig. Nun ist er neuer DGB-Chef.

(Foto: REUTERS)

Der DGB bekommt einen neuen Chef. Reiner Hoffmann wird zum Sprachrohr von über 6,1 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern. Der Chemie-Gewerkschafter kündigt an, sich für mehr Mitbestimmung und ein sozialeres Europa einzusetzen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund bekommt einen neuen Chef. Die knapp 400 Delegierten des 20. DGB-Bundeskongresses wählten Reiner Hoffmann mit überwältigender Mehrheit zum Nachfolger von Michael Sommer an die Spitze des Dachverbandes von acht Einzelgewerkschaften. Hoffmann erhielt 365 von insgesamt 392 abgegebenen Stimmen. Das entspricht einer Zustimmung von 93,1 Prozent. Es gab 27 Neinstimmen und keine Enthaltung. Hoffmann hatte keinen Gegenkandidaten.

Der 58-Jährige wird zum Sprachrohr von über 6,1 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern. Macht und Einfluss des Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hängen aber davon ab, wie viel Freiraum er sich von der IG Metall, der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der IG Chemie erkämpfen kann. Bei den drei größten der acht Einzelgewerkschaften im DGB liegt die eigentliche Macht: Sie verantworten die Tarifpolitik, sie allein können ihre Mitglieder zu Arbeitskämpfen aufrufen, in den Belegschaften werben oder Druck auf die Politik ausüben.

Hoffmann tritt die Nachfolge von DGB-Chef Michael Sommer an, der nach zwölf Jahren im Amt nicht erneut kandidiert hatte. An der Wahl des gebürtigen Wuppertalers, dessen gewerkschaftliche Heimat die IG Bergbau-Chemie-Energie ist, bestand zuvor kein Zweifel: Schon vor einem Jahr wurde Hoffmann von den Vorsitzenden der acht Einzelgewerkschaften auserkoren, den Dachverband zu führen.

Keine klassische Gewerkschaftskarriere

Die Auswahl Hoffmanns deutet aber an, dass sich die Gewerkschaftschefs durchaus einen starken Mann an der Spitze ihres Dachverbandes wünschen. Im persönlichen Gespräch macht Hoffmann einen selbstbewussten Eindruck, argumentiert sachlich, freundlich. Ein Haudrauf ist der Sohn eines Maurers nicht.

Die Vorstellung, mit Kanzlerin Angela Merkel demnächst Gespräche und Verhandlungen führen zu können, sei ihm im vorigen Jahr allerdings noch "ein Stück weit fremd" gewesen, gestand Hoffmann in einem ARD-Interview. Mindestlohn und Rentenpaket der neuen schwarz-roten Koalition seien richtige Maßnahmen. "Aber sie werden alleine nicht ausreichen", fügte Hoffmann fordernd hinzu.

Keine alten Gefechte

Alte Gefechte etwa über die Reformagenda 2010, durch die sich die Gewerkschaften 2003 von Bundeskanzler Gerhard Schröder ausgebootet fühlten, will Hoffmann nicht wiederaufleben lassen. Aber vereinnahmen lassen will sich Hoffmann, der wie sieben der acht Einzelgewerkschaftsbosse SPD-Mitglied ist, genauso wenig: "Als Einheitsgewerkschaft halten wir Kontakte zu allen Parteien. Mit der neuen Mannschaft der SPD haben wir einen ganz soliden, belastbaren Kontakt, aber auch zu den anderen Parteien."

Hoffmann verbindet Europa-Kompetenz mit praktischer Erfahrung. Hinter ihm liegt keine klassische Gewerkschaftslaufbahn: Nach der Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann studierte er über den zweiten Bildungsweg Wirtschaftswissenschaften, erwarb den Abschluss Diplom-Ökonom. Zehn Jahre arbeitete er bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Geprägt haben ihn darauffolgende 15 Jahre in Brüssel, zunächst als Direktor des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (EGI), später als stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). Ab November 2009 war er Chef des IG-BCE-Landesbezirks Nordrhein. Seit 2006 sitzt er auch im Aufsichtsrat der Bayer AG. Dort will er auch bleiben. Sein Aufsichtsratsmandat beim Spezialchemiekonzern Evonik will er hingegen nach Angaben aus seinem Umfeld aufgeben.

Quelle: ntv.de, dsi/dpa/rts

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