Westerwelle im Jemen Hoffnung für deutsche Geiseln
11.01.2010, 21:23 UhrNach Angaben des Bundesaußenministers gibt es neue Informationen über den Aufenthaltsort der deutschen Familie. Westerwelle versucht bei dem Besuch im Jemen die Regierung zu einem Dialog mit Rebellen zu bringen und den Terrorismus durch Reformen zu bekämpfen.
Für die im Jemen entführte deutsche Familie gibt es ein Jahr nach ihrem Verschwinden neue Hoffnung. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte bei einem Kurzbesuch in der Hauptstadt Sanaa, die jemenitischen Behörden hätten frische Informationen über den Verbleib der beiden Erwachsenen und drei Kinder. Präsident Ali Abdullah Saleh habe ihm gesagt, der Aufenthaltsort der Deutschen sei seit kurzem bekannt. Die jemenitischen Behörden bemühten sich um ihre Freilassung. Er hoffe, dass die deutschen Geiseln unversehrt zu ihren Angehörigen zurückkehren könnten, betonte Westerwelle.
Die Familie war im Juni zusammen mit einem Briten in der Region Saada im Norden des Landes verschwunden. Zwei deutsche Frauen und eine Koreanerin, die mit ihnen unterwegs waren, wurden später tot entdeckt. Jemen macht militante Extremisten der Al-Kaida für die Entführung verantwortlich. Das ärmste arabische Land kämpft mit einer Revolte im Norden, die hin und wieder aufflammt, einer Separatistenbewegung im Süden und zunehmender Gewalt durch die Al-Kaida.
Westerwelle war am Morgen zum Abschluss seiner Reise durch die Golf-Staaten zu einem dreistündigen Blitzbesuch im Jemen eingetroffen. Er sagte dem Jemen Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu und verlangte zugleich größere Anstrengungen des Landes. Es gelte, auf wirtschaftliche Entwicklung zu setzen und die sozialen Chancen der Bevölkerung zu vergrößern, sagte der FDP-Politiker. "Wir sind deshalb auch der Überzeugung, dass es, damit für den Terrorismus kein Nährboden entstehen kann, Dialog braucht", fügte Westerwelle hinzu. Deutschland setze auf eine politische Lösung und gehe davon aus, dass eine militärische Lösung nicht erfolgreich sein werde.
Der Bundesaußenminister hatte auf seiner Reise zuvor schon gewarnt, dass der Jemen "Rückzugsgebiet für Terroristen" der Al-Kaida-Gruppen wird. Auch der verhinderte Anschlag auf ein US- Passagierflugzeug bei Detroit an Weihnachten 2009 soll dort vorbereitet worden sein. Der FDP-Vorsitzende ist der erste westliche Außenminister, der seither wieder in den Jemen reiste. Nach seinen Gesprächen habe Westerwelle seine US-Kollegin Hillary Clinton telefonisch über seine Gespräche unterrichtet, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit.
Widersprüchliche Signale
Die jemenitische Führung steht auch wegen der anhaltenden Gefechte mit schiitischen Rebellen im Grenzgebiet zu Saudi-Arabien unter Druck. Dort führt die Minderheit der Houthis Krieg gegen die Zentralregierung in Sanaa. Eine weitere Destabilisierung könnte negative Auswirkungen auf die gesamte Region und darüber hinaus haben, hieß es vonseiten des Auswärtigen Amts.

Was tun gegen den Terrorismus? Der Bundesaußenminister mit seinem jeminitischen Amtskollegen Abubakr al-Kirbi.
(Foto: dpa)
Präsident Salih hatte am Sonntag in einem Interview mit dem Fernsehsender Abu Dhabi TV betont, er setze bei der Terrorbekämpfung nicht nur auf militärische Gewalt, sondern auch auf Verhandlungen. Er sagte, seine Regierung habe vor einigen Tagen alle politischen Kräfte des Landes aufgerufen, sich an einem Dialog zu beteiligen. "Der Dialog ist die beste Methode, selbst im Umgang mit den Houthi-Anhängern und mit Al-Kaida", erklärte der Präsident. Voraussetzung sei allerdings, dass sie die Waffen niederlegen und der Gewalt abschwören.
Kämpfe im Norden
Dieser Absicht widersprechen allerdings Meldungen, nach denen bei Kämpfen um die Vormacht in der nordjemenitischen Stadt Saada 17 Aufständische und acht Soldaten getötet wurden. Ein Vertreter der jemenitischen Streitkräfte zog eine Zwischenbilanz der Kämpfe von Sonntag, die nach Angaben der schiitischen Rebellen noch andauern. Saada liegt 240 Kilometer nördlich der Hauptstadt Sanaa.
Die Aufständischen warfen der Armee vor, sie wollten "die Stadt zerstören". Bulldozer seien im Einsatz, um Häuser, Moscheen und historische Monumente niederzuwalzen. Das Verteidigungsministerium in der Hauptstadt erklärte, die "Säuberung" Saadas von Aufständischen befinde sich in der "Schlussphase".
Ein Sprecher der Rebellen sagte, die Armeen Saudi-Arabiens und Jemens hätten darüber hinaus einen gemeinsamen Angriff im Bergmassiv Dschebel el Duchan eingeleitet. Dabei seien 1350 Raketen auf Rebellenstellungen abgefeuert worden. Zugleich wies der Sprecher ein Gesprächsangebot von Präsident Ali Abdallah Saleh zurück. Es sei nicht möglich, gleichzeitig "zu schießen und zum Dialog aufzufordern", sagte der Sprecher.
Obama: Keine Truppen
Die USA wollen nach den Worten von Präsident Barack Obama keine Soldaten in den Jemen oder nach Somalia schicken. Zwar werde Al-Kaida im Jemen ein immer größeres Problem. Die USA unterstützen aber die Regierung in ihrem Anti- Terror-Kampf. "In Ländern wie Jemen und Somalia ist Zusammenarbeit mit internationalen Partnern zu diesem Zeitpunkt das effektivste Mittel", sagte Obama dem Magazin "People". Zwar wolle er grundsätzlich keine Option ausschließen, sagte er nach Angaben des Blattes. "Aber ich habe keine Absicht, amerikanische Stiefel in diese Region zu senden."
Nach Worten des für die Region zuständigen US-Generals David Petraeus wollen die USA die jemenitischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen Terroristen deutlich stärker unterstützen. Die Zuschüsse sollten auf mehr als 150 Millionen US-Dollar (103 Mio. Euro) verdoppelt werden. Auch Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten ihre Hilfen für den Jemen aufgestockt.
Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts