Politik

Auf dem Tiefpunkt der Umfragewerte Hollande setzt auf Steinbrück

Frankreichs Präsident Hollande will SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück im Wahlkampf unterstützen und hofft auf einen Sieg des Sozialdemokraten. Mit gegenseitiger Hilfe könnte es für Hollande leichter werden, eine Wende in der europäischen Krisenpolitik durchzusetzen. Doch beide Politiker sind derzeit nicht sehr beliebt bei ihren Wählern.

Steinbrück wird von Präsident Hollande im Élysée-Palast empfangen.

Steinbrück wird von Präsident Hollande im Élysée-Palast empfangen.

(Foto: REUTERS)

Bei seinem zweitägigen Besuch in Paris ist SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mit dem französischen Präsidenten François Hollande zusammengetroffen. Der sozialistische Staatschef empfing den Sozialdemokraten im Élysée-Palast.

Beide Politiker trafen sich an einem Tiefpunkt ihrer Sympathiewerte in der Bevölkerung. Die Zustimmung für Steinbrück liegt nach dem jüngsten ARD-"Deutschlandtrend" nur noch bei 32 Prozent. Der vom Skandal um ein Schwarzgeldkonto seines zurückgetretenen Budgetministers Jérôme Cahuzac gebeutelte Hollande kommt aktuell auf gerade mal 27 Prozent Zustimmung in der französischen Bevölkerung.

Noch in  seinem Präsidentschaftswahlkampf 2011 hatte Hollande in Berlin gegenseitige Hilfe zwischen französischen Sozialisten und deutschen Sozialdemokraten zugesichert.

Im Mittelpunkt der Gespräche sollen außen- und europapolitische Themen stehen. Außerdem stehen die weitere Entwicklung der EU sowie der deutsch-französischen Beziehungen auf der Tagesordnung. Es sind die ersten politischen Gespräche Steinbrücks in Paris seit dessen Nominierung zum Kanzlerkandidaten im Dezember.

Allerdings hatte Hollande den Franzosen in seinem Wahlkampf zugesichert, nicht aktiv in den Bundeswahlkampf eingreifen zu wollen. Damit hatte er auf die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für Nicolas Sarkozy angespielt, der seinerzeit gegen Hollande verlor. Nun lädt Hollande Steinbrück bereits zum zweiten Mal in den Élysée-Palast. Gleich nach seiner Wahl im Juni 2012 hatte er Steinbrück, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Parteichef Sigmar Gabriel ein geladen - noch vor Merkel. Das hatte zu ersten diplomatischen Verstimmungen geführt, die heute offiziell als beendet gelten.

Hollande hofft auf Steinbrücks Sieg

Es sind die ersten politischen Gespräche Steinbrücks in Paris seit dessen Nominierung zum SPD-Kanzlerkandidaten im Dezember. Der 66-Jährige zählt in der SPD eher zum wirtschaftsfreundlichen Flügel und gehörte zu den Unterstützern der heute in seiner Partei zum Teil umstrittenen Agenda 2010 von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).

Auch in Frankreich ist die Agenda 2010 heftig umstritten. Für viele Konservative und auch manche Sozialisten könnte sie Vorbild für dringend nötige Reformen in Frankreich sein, während andererseits viele Sozialisten und Vertreter der Linkspartei vor einer Verarmung breiter Bevölkerungsschichten durch eine solche Reform warnen. Frankreich leidet unter einem Null-Wachstum, stetig steigender Arbeitslosigkeit und einem zu hohen Defizit. Mit einem Sieg Steinbrücks bei der Bundestagswahl könnte es für Hollande leichter werden, eine Wende in der europäischen Krisenpolitik durchzusetzen, über die der Sozialist schon viel gesprochen hatte. Die Sparvorschriften Brüssels bezeichnete er einst als "Zuchthausdisziplin".

FDP kritisiert den Besuch

Die FDP kritisierte Steinbrücks Treffen mit Hollande. Parteichef Philipp Rösler bezeichnete es in der "Passauer Neuen Presse" als "bemerkenswert, dass Herr Steinbrück nach Frankreich reist, um sich dort Rat zu holen". "Die Folgen sozialistischer Experimente kann man bei unseren Nachbarn leider genau beobachten: Weniger Investitionen, Rückgang des Wachstums und Verwerfungen am Arbeitsmarkt."

Umgekehrt würden die Konzepte der SPD "unseren französischen Freunden sicher nicht helfen, aus den wirtschaftlichen Schwierigkeiten herauszukommen", sagte Rösler. Die Politik der SPD hätte Kostensteigerungen für Arbeitnehmer und Unternehmen zur Folge. "Wer glaubt, mit einer solchen Politik Deutschland in die Zukunft führen zu können, der irrlichtert", sagte Rösler der Zeitung.

In Paris ist auch ein Treffen mit Premierminister Jean-Marc Ayrault geplant, der seinerseits nach Würzburg und München reisen wird. Ayrault hatte einst ein Gastsemester an der Uni Würzburg absolviert. Außerdem kommt Steinbrück mit José Ángel Gurría zusammen, der die in Paris angesiedelte Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) leitet.

Quelle: ntv.de, ppo/AFP

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