Erster Terrorist wird festgenommen Hunderte Geiseln kommen frei
18.01.2013, 15:02 Uhr
In den Wirren während einer Militäraktion konnten hunderte Menschen fliehen.
(Foto: AP)
Im Geiseldrama an einer algerischen Gasförderanlage hat die algerische Armee viele Geiseln befreit und einen der Geiselnehmer festgenommen. 639 Menschen sollen nun frei sein, darunter rund 100 Ausländer. Noch ist es der Armee nicht gelungen, die weitläufige Anlage unter Kontrolle zu bringen. Im Gegenteil: Der berüchtigte Anführer der Terrorgruppe stellt neue Forderungen auf.
Die algerischen Sicherheitskräfte haben laut einem Agenturbericht nach der Geiselnahme in einer Gasanlage rund 100 Ausländer befreit. Insgesamt seien 639 Geiseln freigekommen, "darunter mehr als die Hälfte der 132 ausländischen Geiseln", zitierte die Nachrichtenagentur APS aus algerischen Sicherheitskreisen. Weitere Geiseln werden noch vermisst. Eine Beendigung des Geiseldramas sei nicht gelungen, berichtet ein Anwohner.
Unklar ist weiterhin, wie viele Menschen bei der Aktion getötet wurden. Nach übereinstimmenden Angaben mehrerer europäischer Regierungen dauert der Einsatz der algerischen Armee noch an. Laut APS war es noch nicht möglich, eine abschließende Bilanz der Geiselnahme und der Befreiungsaktion zu ziehen. Mehrere ausländische Beschäftigte des Unternehmens hätten sich an verschiedenen Stellen vor den Geiselnehmern in Sicherheit gebracht, hieß es.
Algerische Einsatzkommandos haben bei der Erstürmung einen der Geiselnehmer gefangen genommen. Der Mann habe bei einem "harten Verhör" ausgesagt, dass sein Kommando aus 32 Kämpfern der Brigade "Die mit dem Blut unterschreiben" bestanden habe, berichtet die algerische Zeitung "El Watan". Die Militärs hätten sieben Hubschrauber eingesetzt. Sie überflogen das Gebiet auf der Suche nach Beschäftigten des Werks, die sich vor den Islamisten versteckt hätten.
Islamistenführer fordert Gefangenenaustausch
Der Drahtzieher Geiselnahme, Mokhtar Belmokhtar, fordert nun Verhandlungen über den Einsatz Frankreichs in Mali sowie einen Gefangenenaustausch. Die mauretanische Nachrichtenagentur ANI zitiert aus einem Video des Islamistenführers, in dem dieser Frankreich und Algerien auffordert, über ein Ende des Mali-Einsatzes zu "verhandeln". Zudem schlägt er darin vor, die von seiner Gruppe festgehaltenen US-Geiseln im Gegenzug für einen in den USA inhaftierten Ägypter sowie eine Pakistanerin freizulassen.
Der Ägypter war 1995 in den USA wegen Plänen zu Angriffen auf Ziele in New York sowie zum Mord an dem damaligen ägyptischen Staatschef Husni Mubarak zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Pakistanerin, eine Wissenschaftlerin, sitzt ebenfalls wegen Terrorvorwürfen in den USA in Haft. Sie soll versucht haben, 2008 in Afghanistan auf US-Soldaten zu schießen.
Ölkonzerne fliegen Mitarbeiter aus
Die Gasförderung wurde laut APS stillgelegt. Damit solle der Gefahr von Explosionen vorgebeugt werden. Die Gasanlage wird seit 2006 von dem britischen Konzern BP und der norwegischen Statoil in Zusammenarbeit mit dem algerischen Unternehmen Sonatrach betrieben. In die Anlage wurden umgerechnet rund 1,5 Milliarden Euro investiert. Die Anlage liefert für gewöhnlich rund 18 Prozent der algerischen Gas-Exporte.
Die islamistischen Attentäter drohten mit neuen Angriffen auf ausländische Einrichtungen in dem Land, das in hohem Maß vom Energie-Export abhängig ist. Die internationalen Ölkonzerne begannen damit, in großem Stil Personal aus Algerien abzuziehen. Bereits am Donnerstag seien mehrere hundert Mitarbeiter verschiedener Unternehmen mit drei Flügen außer Landes gebracht worden, sagte ein Sprecher des Ölkonzerns BP.
Die algerische Armee hatte am Donnerstag eine Befreiungsaktion in der Anlage nahe der libyschen Grenze gestartet, nachdem islamistische Kämpfer dort am Mittwoch hunderte Geiseln genommen hatten. Die Länder der gefangen gehaltenen Mitarbeiter des Gasfeldes hatten zuvor bei der algerischen Regierung gegen den übereilten Einsatz protestiert. Bei dem ersten Angriff waren Dutzende Menschen gestorben. Die Terroristen hatten auch nach der Aktion gedroht, bei einer weiteren Befreiungsaktion alle verbleibenden Geiseln zu töten.
Quelle: ntv.de, che/AFP/dpa/rts