"Wunschkonstellation enttäuscht" Hundt ernüchtert von Regierung
20.08.2011, 11:30 UhrArbeitgeberpräsident Hundt zeigt sich von der Bundesregierung enttäuscht. Die "Wunschkonstellation der Wirtschaft" habe viele Erwartungen "bisher leider nicht erfüllt". Die Koalition bleibe deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück. Hundt rief Union und FDP "zu mehr Einigkeit und Geschlossenheit"auf. Trotz der Konjunkturflaute rechnet er in diesem Jahr mit einem ähnlich starkem Wirtschaftswachstum wie im Vorjahr.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat sich nach der Hälfte der Wahlperiode enttäuscht über die Bundesregierung aus Union und FDP geäußert "Schwarz-Gelb war die Wunschkonstellation der Wirtschaft. Viele Erwartungen sind bisher leider nicht erfüllt worden", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".

Hundt: "Die Regierungskoalition bleibt deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück."
(Foto: picture alliance / dpa)
"Die Regierungskoalition bleibt deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück, vor allem vor dem Hintergrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung." CDU, CSU und FDP müssten "zu mehr Einigkeit und Geschlossenheit" finden.
Hundt wandte sich gegen die Steuersenkungspläne der Koalition. "Der Schuldenabbau muss eindeutig Priorität haben. Ich sehe keinen Spielraum für größere Steuersenkungen vor der nächsten Bundestagswahl", sagte er. "Es wäre unsinnig, jetzt Flickschusterei zu betreiben. Mini-Entlastungen helfen niemandem."
Der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) warnte die Regierung davor, eine Reform der Pflegeversicherung mit höheren Beiträgen zu finanzieren. Die Regierung dürfe auch keine Milchmädchenrechnung anstellen und bevorstehende Beitragssenkungen in der Rentenversicherung als Kompensation für höhere Pflegebeiträge verkaufen. "Auf Dauer werden die Rentenbeiträge wegen der demografischen Entwicklung steigen." Eine Pflegereform müsse mindestens zu einer teilweisen Abkopplung der Versicherung vom Arbeitsverhältnis führen. "Ohne eine ergänzende kapitalgedeckte Vorsorge wird dies nicht gehen", so Hundt.
Scharf kritisierte der Arbeitgeberpräsident die Energiewende: "Die Politik hat überstürzt und ohne die Konsequenzen zu bedenken den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Es wird schwierig sein, die Energieversorgung in Deutschland sicher und bezahlbar zu halten."
Mehr als drei Prozent Wachstum erwartet
Trotz der Konjunkturflaute im zweiten Quartal rechnet Arbeitgeberpräsident Hundt in diesem Jahr mit einem ähnlich starken Wirtschaftswachstum wie 2010. "Ich gehe davon aus, dass wir für das Gesamtjahr ein Wachstum von mehr als drei Prozent verzeichnen werden", sagte Hundt.
Das zweite Quartal mit nur 0,1 Prozent Wachstum sei auch im Lichte des unerwartet guten ersten Quartals mit einem Plus von 1,3 Prozent zu bewerten. "Unsere Konjunkturdaten zeigen, dass wichtige Wirtschaftszweige - die Automobil- und Zulieferindustrie, der Maschinenbau und die chemische Industrie - stark bleiben", sagte der BDB-Präsident. 2010 wuchs das Bruttoinlandsprodukt um 3,6 Prozent.
Auch bei der Arbeitslosigkeit gebe es "keinen Anlass, die sehr positiven Prognosen infrage zu stellen", sagte Hundt. "Wir werden in diesem Jahr deutlich unter drei Millionen bleiben." Für das kommende Jahr halte er es sogar für denkbar, dass die Arbeitslosenzahl vorübergehend auf 2,6 Millionen sinke, wenn die Konjunktur stabil bleibe.
Quelle: ntv.de, rts/AFP