Seehofer und Gabriel einig "Hunger auch ohne Biosprit"
06.05.2008, 15:33 UhrAppellen der Vereinten Nationen zum Trotz hält die Bundesregierung an der Nutzung von Biosprit fest. Aus ihrer Sicht sind die umstrittenen Biokraftstoffe nicht Schuld an der Hungerkrise in vielen Ländern und auch nicht unbedingt an der Zerstörung des Regenwalds.
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Agrarminister Horst Seehofer (CSU) verteidigten die weitere Nutzung der Energiepflanzen, sofern sie umwelt- und klimafreundlich angebaut werden. Ähnlich äußerte sich EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel.
Deutschland und auch die EU haben sich vorgenommen, künftig viel mehr Kraftstoff, Strom und Wärme aus Biomasse zu gewinnen. Der Plan ist in der Kritik, zumal die Getreidepreise weltweit stark gestiegen sind und Umweltschützer auch Zweifel an der Klimabilanz vieler Biokraftstoffe haben.
Viele andere Gründe
Seehofer und Bauernpräsident Gerd Sonnleitner betonten, der Einfluss der Bioenergie auf Nahrungsmittelpreise werde überschätzt. Nur sieben Prozent des Pflanzenöls und 3,5 Prozent des Getreides weltweit würden dafür genutzt. "Auch ohne Biosprit gäbe es Hunger", sagte Seehofer.
Gründe der Krise seien die um 80 Millionen Menschen jährlich steigende Weltbevölkerung, neue Ernährungsgewohnheiten und die Brache vieler Nutzflächen. Die große Nachfrage nach Futtermitteln habe eine größere Bedeutung als die Biomasseproduktion, betonte Seehofer, der nach eigenen Worten Wege zur Lösung des Futter-Engpasses sucht.
Lösungen seien eine Beschränkung der Spekulation, eine Stärkung der Landwirtschaft sowohl in Europa als auch in den Ländern mit Hunger, sagte Seehofer. Die weitere Nutzung von Energiepflanzen auch für Bioenergie sei hingegen nötig für den Klimaschutz, sagte Seehofer.
Gabriel gegen Importverbot
Auch Umweltminister Gabriel bekannte sich zur weiteren Nutzung von Biosprit und zum Import von Energiepflanzen-Produkten aus den Tropen. Ein Verbot sei nicht sinnvoll, vielmehr gehe es um den umwelt- und klimafreundlichen Anbau, sagte der SPD-Politiker nach Rückkehr von einer Brasilienreise.
Der dortige Anbau von Zuckerrohr für Ethanol sei durchaus nachhaltig. "Dagegen ist aus ökologischen Gründen nichts zu sagen", meinte Gabriel. Ganz anders sehe es aus, wenn Regenwald für Sojaanbau gerodet werde. Nötig sei eine differenzierte Betrachtung und Vereinbarungen mit den Herstellerländern. Gabriel kündigte ein entsprechendes Abkommen mit Brasilien an.
Die FDP-Politikerin Christel Happach-Kasan, die Gabriel nach Brasilien begleitet hatte, zeigte sich beeindruckt von den dortigen Bemühungen zum Schutz des Regenwalds. Allerdings brauche das Land Unterstützung. Bei den deutschen Biosprit-Zielen forderte sie eine Korrektur. "Das ist nicht haltbar", sagte sie zu dem Plan der Großen Koalition, bis 2020 17 Prozent des Treibstoffs aus nachwachsenden Rohstoffen zu gewinnen.
Gabriel räumte erneut ein, dass diese Quote etwas gesenkt werden müsse, weil die höhere Beimischung von Ethanol im Benzin nicht durchsetzbar war. Kurzfristig werde zudem im Bundestag beraten, ob die für 2009 beschlossene Quote von 6,25 Prozent Biokraftstoff am Gesamtverbrauch zu halten sei.
Quelle: ntv.de