Mindestens 60 Tote in Pakistan IS bekennt sich zu Anschlag auf Polizeischule
25.10.2016, 05:25 Uhr
Ein Krankenwagen verlässt das inzwischen gesicherte Gelände mit einem Verletzten an Bord.
(Foto: AP)
Dutzende Menschen sterben in Pakistan bei einem Angriff auf eine Polizeischule. Das Militär gibt an, die drei Täter hätten mit einer Extremistengruppe in Verbindung gestanden. Dann ruft ein IS-Kommandeur einen Journalisten an.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich zu einem blutigen Anschlag auf eine Polizeischule in Pakistans Unruheprovinz Baluchistan bekannt. Bei dem Anschlag in Quetta wurden Polizeiangaben zufolge 61 Menschen getötet. Mehr als 134 seien verletzt worden, sagte ein Polizeibeamter der westpakistanischen Stadt.
Ein IS-Kommandeur rief einen gut vernetzten pakistanischen Journalisten an und drohte mit weiteren Anschlägen, wie der Reporter der Deutschen Presse-Agentur sagte. Bald werde der IS "der Albtraum der pakistanischen Regierung" sein, habe er gesagt. Für den späteren Tagesverlauf habe der IS zudem ein formales Bekenntnis angekündigt.
Drei Bewaffnete waren der Polizei zufolge am späten Montagabend in die Schule eingedrungen und hatten um sich geschossen. Medien berichteten von heftigen Feuerwechseln und schweren Explosionen auf dem Gelände. Alle drei Angreifer seien tot. Nach Militärangaben zündeten zwei von ihnen Sprengstoffwesten, einer wurde erschossen.
Die Angreifer hatten sich zuletzt mit Geiseln verschanzt. Einsatzkräfte befreiten rund 250 Menschen. Der Innenminister von Baluchistan, Sarfraz Bugti, erklärte den stundenlangen Einsatz der Sicherheitskräfte in Quetta am Morgen für beendet. Nach seinen Worten waren die Täter bis zu einem Schlafsaal vorgedrungen und hatten dort das Feuer auf die schlafenden Kadetten eröffnet. Zum Zeitpunkt des Überfalls hielten sich den Angaben zufolge rund 700 Kadetten in der Akademie auf.
Militär: Anweisungen kamen aus Afghanistan
Geo TV zitierte einen Kadetten, demzufolge mehrere Terroristen in das Trainingszentrum eingedrungen waren und das Feuer eröffneten. "Dann stürmten sie in die Kasernen", so schildert es der Augenzeuge. Sicherheitskräfte umstellten das Gelände in einem Außenbezirk Quettas und starteten schließlich die Aktion zur Befreiung der Geiseln.
Ein hochrangiger Offizier des paramilitärischen Grenzkorps, General Sher Afghan, machte eine Extremistengruppe verantwortlich, die dem Islamischen Staat 2015 die Anhängerschaft geschworen hat: Lashkar-e-Jhangvi al-Almi, ein Ableger der sunnitischen pakistanischen Extremistengruppe Lashkar-e Jangvi. Die pakistanische Regierung betont immer wieder, dass der IS keine organisierte Präsenz im Land habe. Medien melden aber regelmäßig Razzien und die Festnahme von Schläfern oder Kämpfern der Miliz. Der IS selbst sagt, er wolle unter anderem auf pakistanischem und afghanischem Staatsgebiet eine neue IS-Provinz einrichten, die Khorasan-Provinz.
Der Polizeikomplex in Quetta war schon 2006 und 2008 angegriffen worden. Damals wurden Raketen auf das Gelände abgefeuert. Baluchistan ist zugleich die größte, ärmste und unruhigste Provinz Pakistans. Dort sind mehr extremistische Gruppen präsent und aktiv als in den anderen Landesteilen. Separatisten kämpfen zum Beispiel für die Abspaltung von Pakistan oder für mehr politische und finanzielle Autonomie der Provinz. Auch einige pakistanische Taliban-Gruppen sowie die afghanischen Taliban haben hier ihre Basis.
Zuletzt hatte der IS im August einen großen Anschlag in Pakistan für sich reklamiert - ebenfalls in Quetta. Bei dem Anschlag vor einer Klinik waren damals 71 Menschen getötet und fast 190 verletzt worden. Allerdings bekannte sich damals auch die pakistanische Talibangruppe Jamaat-ul-Ahrar zu der Tat. Doppelbekenntnisse sind in Pakistan nicht ungewöhnlich. Bis heute ist nicht klar, wer die Tat beging.
Quelle: ntv.de, rpe/AFP/dpa