Politik

"Besserverdienende zahlen mehr" IW: Umverteilung funktioniert

Entgegen anderslauternder Studien kommt das Institut der Deutschen Wirtschaft zu dem Schluss, dass Besserverdiener deutlich mehr zum sozialen Ausgleich beitragen als angenommen.

Reiche geben genug: Das zumindest sieht das Institut der Deutschen Wirtschaft so.

Reiche geben genug: Das zumindest sieht das Institut der Deutschen Wirtschaft so.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Nach Ansicht des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) funktioniert die Umverteilung in Deutschland - allen vermeintlichen Vorurteilen zum Trotz. Gutverdiener trügen deutlich mehr als allgemein angenommen zum sozialen Ausgleich bei. IW-Direktor Michael Hüther sagte bei der Vorstellung der Studie in Berlin, das Prinzip "Wer mehr verdient, zahlt auch mehr" sei konsequent durchgehalten. Die sich weiter öffnende Einkommenskluft werde durch staatliche Transfers stark eingeebnet.

Den Vorwurf, Reiche entzögen sich der Solidarität der gesetzlichen Sozialsysteme, nannte Hüther nicht haltbar. Die 30 Prozent der Haushalte mit den höchsten Einkommen hätten 2007 weit mehr als 50 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge geschultert. Die oberen fünf von insgesamt zehn Einkommensgruppen hätten zudem 90 Prozent des Einkommensteuer-Aufkommens aufgebracht. Dagegen bezogen die Haushalte der vier untersten Einkommensgruppen 72 Prozent aller Sozialleistungen. In der Studie nicht erfasst wurden Spitzeneinkommen von mehr als 18.000 Euro im Monat.

Gegen Reform der Sozialversicherung

Mit der Studie wendet sich das Institut gegen Forderungen nach Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung, um so Gutverdiener stärker an der Finanzierung zu beteiligen. Zwar würden die Reformen den Sozialkassen Mehreinnahmen von knapp 25 Prozent verschaffen – im Jahr 2007 wären das 89 Milliarden Euro gewesen, schreibt das IW in einer Pressemitteilung. Allerdings könnte das Zusatzpolster schnell wieder aufgezehrt werden, da durch die Aufnahme der bisher privat Krankenversicherten – einschließlich ihrer nicht erwerbstätigen und daher kostenlos mitzuversichernden Familienmitglieder – auf das System erheblich mehr Patienten zukämen.

IW-Chef Hüther sieht deshalb keinen Grund, Besserverdienende stärker zu belasten.

IW-Chef Hüther sieht deshalb keinen Grund, Besserverdienende stärker zu belasten.

(Foto: IW Köln)

Laut IW-Studie hätte die Reform deshalb nur "marginale Effekte": Bei einer für alle Sozialkassen einheitlichen Bemessungsgrenze von 5250 Euro im Monat ergäbe sich nur für die mittleren Einkommensgruppen "bescheidene Entlastungen" bis zu 0,4 Prozentpunkten. Bei der obersten Einkommensgruppe und den unteren drei Gruppen errechnete das IW dagegen eine höhere Belastung.

Lohnschere schließt sich angeblich

Das Bruttoeinkommen eines Gutverdienerhaushalts lag der Studie zufolge mit durchschnittlich 7055 Euro monatlich im Jahr 2003 um das 26,8-Fache höher als das "Markteinkommen" des zweituntersten Haushalts-Typs mit 263 Euro monatlich. Der Abstand schrumpfte jedoch nach Hüthers Darstellung auf das 2,6-Fache, wenn Einkommenssteuern und Sozialbeiträge abgezogen sowie Sozialtransfers eingerechnet werden.

Zum "Markteinkommen" werden Einkünfte aus Erwerbsarbeit sowie Mieten und Kapitalerträge gezählt, nicht aber Renten. Aus IW-Sicht können Renten nicht zum Einkommen gezählt werden, da sie wegen der Milliarden-Zuschüsse aus Steuermitteln an die Rentenkassen bereits Elemente der sozialen Umverteilung enthalten.

Gegen Bürgerversicherung

Forderungen von SPD, Linken und Grünen nach Einführung einer Bürgerversicherung wies Hüther zurück. Den Mehreinnahmen für die Sozialkassen durch Einbeziehung aller Erwerbstätigen stünden Mehrausgaben entgegen, da auch der Kreis der Leistungsempfänger ausgedehnt werde. Zudem seien die Entlastungseffekte nach IW-Berechnung für die unteren Einkommensgruppen "eher enttäuschend". Die Zeche müsste hauptsächlich "das oberste Zehntel zahlen".

Quelle: ntv.de, dpa/tis

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen