Politik

Silvio Casanova: "Ich bin doch kein Heiliger"

Berlusconi wollte eigentlich "diese Verleumdungen im Sande verlaufen" lassen. Nun kontert er öffentlich und in altbekannter Manier selbstbewusst mit einem "überraschenden" Selbstbekenntnis.

Er kann nichts dafür, denn er ist kein Heiliger: Silvio Berlusconi.

Er kann nichts dafür, denn er ist kein Heiliger: Silvio Berlusconi.

(Foto: dpa)

Mit der Feststellung: "Ich bin schließlich kein Heiliger, das müsst ihr verstehen" hat Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi auf die jüngsten Enthüllungen über seine amourösen Eskapaden reagiert. "Ich hoffe, dass das auch die von der 'Repubblica' kapieren", meinte der Regierungschef in Anspielung auf die linksliberale Tageszeitung "La Repubblica", die sich seit Ende April besonders eingehend mit seinem Privatleben beschäftigt.

Berlusconi bei seinem Baustellen-Bekenntnis.

Berlusconi bei seinem Baustellen-Bekenntnis.

(Foto: AP)

Damit konterte der für seine Schwäche gegenüber dem weiblichen Geschlecht bekannte Cavaliere nach tagelangem Stillschweigen jüngste Enthüllungen der nationalen Presse. Berlusconi äußerte sich bei der Einweihung einer großen Baustelle für eine neue Autobahn in Norditalien. Schon Ende Juni hatte der 72-Jährige selbstbewusst konstatiert: "Die Italiener lieben mich so wie ich bin. Großzügig, ehrlich und zuverlässig. Deshalb werde ich mich nicht ändern."

Pilgerreise zum Seelenverwandten?

Die Kirche von San Giovanni Rotondo, Wirkungsstätte von Padre Pio. Der Kapuzinermönch wurde 2002 von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen.

Die Kirche von San Giovanni Rotondo, Wirkungsstätte von Padre Pio. Der Kapuzinermönch wurde 2002 von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Nur kurz vor Veröffentlichung der neuen Pikanterien hatte "La Repubblica" allerdings auch berichtet, der Cavaliere habe sich vorgenommen, sein Leben zu ändern und Buße zu tun. Dem Vernehmen nach soll Berlusconis Bußwallfahrt zu Padre Pio führen, der in Italien wie ein Nationalheiliger verehrt wird.  Der Kapuzinermönch  (1887-1968) hatte zu Lebzeiten offene Hände und Füße - für viele Gläubige die Wundmale Jesu. Dem Padre, mit bürgerlichem Namen Francesco Forgione, werden mehrere Wunder und Heilungen zugesprochen.

Der Heilige Pio in seinem Glassarg.

Der Heilige Pio in seinem Glassarg.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Allerdings: Dem Historiker Sergio Luzzatto zufolge soll Pio nicht nur seinen Wundern mit Karbolsäure nachgeholfen, sondern auch "intime und unanständige Beziehungen mit den Frauen seiner Prätorianergarde" unterhalten haben.

Verlag klagt gegen Berlusconi

Die Verlagsgruppe "L'Espresso" reichte unterdessen bei einem Mailänder Gericht offiziell Klage gegen den Ministerpräsidenten ein - wegen "Verleumdung, Amtsmissbrauch und Boykottversuchs". Berlusconi hatte "L'Espresso" Mitte Juni nach Berichten über ausschweifende Partys in seiner Ferienvilla auf Sardinien staatsgefährdende Machenschaften vorgeworfen. Er rief auf der Versammlung der italienischen Jungunternehmer öffentlich zu einem Anzeigenboykott auf. "Masochist ist, wer in solchen Medien Werbung inseriert. Die werden durch das ganze "Über-die-Krise-Reden" doch selbst zum Krisenfaktor", hatte Berlusconi gepoltert. Außerdem würden Zeitungen wie "La Repubblica" eine "linke Hasskampagne" gegen ihn betreiben und "Italien nur schaden".

In Putins Himmelbett

Die Wochenzeitschrift "Espresso" des gleichnamigen Verlags sowie "La Repubblica" veröffentlichten ungeachtet dessen am Dienstag und Mittwoch Abschriften von Tonaufnahmen die von Gesprächen zwischen Berlusconi und dem Call-Girl Patrizia D'Addario gemacht worden sein sollen. Eine dem Regierungschef zugeschriebene Stimme fordert darin die junge Frau auf, nach dem Duschen im "großen Bett" auf ihn zu warten. Sie fragt daraufhin, "Welches, Putins?" Nach Angaben des Callgirls hat Berlusconi ein Himmelbett, in dem der russische Regierungschef Wladimir Putin einmal genächtigt hat. Berlusconis Anwalt Niccolo Ghedini bezeichnete die Aufzeichnungen als "vollkommen wertloses" und "erfundenes" Material.

"Espresso" veröffentlichte zudem in der Online-Ausgabe diese Tonbandaufnahmen. Dort kann sich jeder die Mitschnitte anhören, die die junge Frau von den angeblichen Liebestreffs mit dem Ministerpräsidenten machte. Wegen dieser Veröffentlichungen droht Berlusconi seinerseits dem Verlag mit einer Klage.

2000 Euro für zwei Besuche bei Berlusconi

Die 42-jährige D'Addario und andere Call-Girls stehen im Zentrum von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft der süditalienischen Stadt Bari gegen einen Geschäftsmann. Er steht im Verdacht, Beschäftigten eines Begleitdienstes Geld dafür bezahlt zu haben, dass sie die Nacht in Berlusconis Anwesen in Rom und auf Sardinien verbrachten. D'Addario nahm nach eigenen Angaben Gespräche mit Berlusconi auf und übergab die Aufzeichnungen der Staatsanwaltschaft. Italienischen Medien sagte sie, sie habe für zwei Besuche in Berlusconis Haus in Rom jeweils 2000 Euro erhalten.

Der Cavaliere rutscht ab

Offenbar verlieren doch immer mehr Italiener das Vertrauen in ihren "unheiligen" Regierungschef. Nach einer von "La Repubblica" veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IPR vertrauen nur noch 49 Prozent der Italiener Berlusconi, die Hälfte der Befragten hält ihn für "wenig" oder "gar nicht" vertrauenswürdig. Es ist das erste Mal seit seiner Wiederkehr an die Regierungsspitze im Mai 2008, dass Berlusconi in einer IPR-Umfrage unter die 50-Prozent-Marke rutscht. Im Mai hatten ihm noch 53 Prozent der Befragten ihr Vertrauen ausgesprochen.

Einen großen Einfluss auf die Werte dürfte der Skandal um angeblich für Besuche bei Berlusconi bezahlte junge Frauen haben, schreibt "La Repubblica". Nur die Leitung des G8-Gipfels in L'Aquila, für die Berlusconi allgemein gelobt worden war, habe den Regierungschef vor einem noch größeren Umfrage-Einbruch bewahrt. Auch seine Ehefrau warf ihm eine Schwäche für minderjährige Mädchen vor und reichte die Scheidung ein.

Quelle: ntv.de, hdr/AFP/dpa

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