Hungertod von Lea-Sophie "Ich habe als Vater versagt"
15.04.2008, 11:57 UhrNach dem qualvollen Hungertod der kleinen Lea-Sophie stehen ihre Eltern wegen Mordes vor Gericht. Der Prozess gegen die 24 Jahre alte Mutter und den 26-jährigen Vater vor dem Schweriner Landgericht begann unter großem Medieninteresse. Sie sind des gemeinschaftlichen Mordes durch Unterlassen und der Misshandlung von Schutzbefohlenen angeklagt. Das fünfjährige Mädchen aus Schwerin war am 20. November 2007 gestorben, kurz nachdem es mit schwersten Mangelerscheinungen in eine Klinik eingeliefert worden war. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte das Mädchen über mindestens zwei Monate nicht genug zu essen und zu trinken bekommen.
In einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung räumte der Vater ein, zu spät auf den immer schlechteren Gesundheitszustand des Kindes reagiert zu haben. "Ich habe als Vater versagt", ließ er mitteilen. Die Mutter will vorerst nicht aussagen. Beide hatten Hilfsangebote aus der Familie zurückgewiesen und alarmierte Mitarbeiter des Jugendamtes beschwichtigt. Deren halbherziges Vorgehen zog ebenfalls Anzeigen sowie politische Turbulenzen in Schwerin nach sich.
"Mordmerkmal Grausamkeit"
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat Lea-Sophie vor ihrem Tod ein Martyrium erlitten. Laut Anklage haben die Eltern ihre Tochter "gequält", "roh misshandelt" und so schließlich grausam sterben lassen. Das Kind habe kaum noch zu essen und zu trinken bekommen. Es sei weder gepflegt noch an die frische Luft gebracht worden. Die Exkremente seien an der Haut angetrocknet gewesen, als das Kind in die Klinik kam. "Wir gehen vom Mordmerkmal der Grausamkeit aus", hatte Oberstaatsanwalt Hans-Christian Pick den Anklagevorwurf begründet.
Lea-Sophie litt den Angaben zufolge an mehreren Liegegeschwüren, die zum Teil bis auf die Knochen reichten. Die völlig abgemagerte Fünfjährige habe sich in den letzten Wochen ihres Lebens nicht mehr allein bewegen können. Die Eltern ließen das entkräftete Kind laut Anklage "im Kot und Urin" in seinem Zimmer sitzen. Lea-Sophie wog zum Schluss nur noch sieben Kilo, weniger als die Hälfte des Normalgewichts. Mangelnde Ernährung, unzureichende Flüssigkeitszufuhr und die äußerst schmerzhaften Geschwüre führten laut Obduktionsbericht zum Tod.
Notarzt gerufen
Die Situation hatte sich für Lea-Sophie anscheinend dramatisch verschlechtert, als Ende September 2007 ihr Bruder geboren wurde. Das schon chronisch unterernährte Mädchen reagierte laut Staatsanwaltschaft mit Verhaltensauffälligkeiten. Diese Darstellung bestätigte der Vater. Lea-Sophie habe die Nahrung verweigert und mit Spielsachen um sich geworfen. "Ich hatte gehofft, dass alles von allein wieder normal wird", teilte der 26-Jährige mit. Er hatte am 20. November eigenen Angaben zufolge gegen den Willen seiner mitangeklagten Lebensgefährtin den Notarzt gerufen. Gutachter stellten dem Vernehmen nach keine Anzeichen für eine verminderte Schuldfähigkeit der Eltern fest. Bei einer Verurteilung wegen Mordes drohen den Eltern lebenslange Haftstrafen.
Quelle: ntv.de