Lobsang Sangay im Porträt "Ich schulde einer Kuh eine Menge"
08.08.2011, 10:32 Uhr
Lobsang Sangay hat seine Heimat noch nie gesehen.
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Der neue Premierminister der tibetischen Exilregierung stammt aus einfachen Verhältnissen. Als Kind sammelte Lobsang Sangay Holz und verkaufte Strickwaren. Seine steile Karriere verdankt der Harvard-Professor nach eigenen Worten auch einer Kuh.
Der neue Premierminister der Exil-Tibeter hat seine Heimat noch nie gesehen: Lobsang Sangays Eltern waren 1959 vor der chinesischen Besatzung geflohen und lernten sich im indischen Exil kennen. In demselben Jahr verließ auch der Dalai Lama, das geistliche Oberhaupt der Tibeter, das Hochland im Himalaja.
Sangay kam am 10. März 1968 in einfachen Verhältnissen in einer Flüchtlingssiedlung bei Darjeeling zur Welt. Seine steile Karriere verdankt er nach eigenen Worten auch einer Kuh.
Kuh für Schulgeld
In Tibet war Sangays Vater ein buddhistischer Mönch, in Nordindien schlug sich die Familie mit kleinen Geschäften durch. Sangay erzählte in Interviews, als Kind habe er Holz gesammelt und Strickwaren verkauft. Die Familie hielt außerdem Hühner und Kühe. Eines der Tiere habe sein Vater damals verkauft, um sein Schulgeld zu bezahlen, sagte Sangay der britischen BBC: "Ich schulde einer Kuh eine Menge."
Nach dem Schulabschluss studierte Sangay an der Universität Delhi in der indischen Hauptstadt. Dort engagierte er sich im Tibetischen Jugendkongress, einer der radikaleren Gruppen, die die Unabhängigkeit Tibets von China forderte - anders als der Dalai Lama, der für eine größere Autonomie seiner Heimat eintritt.
Studium in Harvard

Generationswechsel an der Regierungsspitze: Sangay ist fast 30 Jahre jünger als sein Amtsvorgänger Samdhong Rinpoche (r).
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1995 bekam Sangay ein Stipendium für die renommierte US-Universität Harvard. Dort promovierte der Jurist, gleichzeitig setzte er sich für die Sache der Tibeter ein. Mit Ehefrau und Tochter lebte er im Großraum Boston und arbeitete als Wissenschaftler in Harvard. In den USA erreichte Sangay im Frühjahr auch die Nachricht von seiner neuen Aufgabe: Bei der Wahl zum neuen Exil-Premierminister konnte er 55 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen.
Nach seinem Wahlsieg kündigte Sangay an, der politischen Linie des Dalai Lama zu folgen und für Tibet wirkliche Autonomie im Rahmen der chinesischen Verfassung zu fordern. Er sei zu Gesprächen mit Peking bereit, wolle aber auch die Missstände in Tibet anprangern.
Der 43-Jährige kehrte nach Nordindien zurück, wo weltweit die meisten Exil-Tibeter leben - und wo die von keinem Land der Welt anerkannte Exil-Regierung seines geschundenen Volkes ihren Sitz hat. Der Dalai Lama bleibt das spirituelle Oberhaupt der Tibeter, aus der Politik will er sich aber zurückziehen. Viele Aufgaben des Friedensnobelpreisträgers wird dann der bislang politisch weitgehend unerfahrene Sangay übernehmen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP