Politik

Amerikas Working Moms Ihre Stimme zählt

Hillary Clinton ist eine. Sarah Palin gleich eine fünffache. Und die meisten Wählerinnen sind es auch: "Working Moms". Amerikas arbeitende Mütter sind im US-Wahlkampf heiß begehrt. Alle reißen sich um die bedeutende Wählergruppe. Die Demokraten betonen, was Hillary Clinton doch für Frauen geleistet habe. Die Republikaner setzen auf ihre umstrittene Vize-Wunderwaffe Palin, die erst Mutter und dann Spitzenpolitikerin wurde. Mit dem Zauberwort "Working Moms" beleben sie eine alte Debatte.

"In den USA ist es viel selbstverständlicher, dass eine Mutter arbeitet, als in weiten Teilen Europas - gleichberechtigter geht es darum aber noch lange nicht zu", sagt Ariane Hegewisch vom Washingtoner Forschungsinstitut für Frauen und Politik. Zahlenmäßig haben es die amerikanischen Frauen weit gebracht: Sie stellen mit 46 Prozent knapp die Hälfte der Arbeitskräfte in den USA.

Selbstverständnis der Amerikanerinnen

"In Deutschland", sagt Hegewisch, "geht gerade ein Drittel der Mütter von Kindern unter drei Jahren einer bezahlten Arbeit nach. Zwei Drittel dieser Frauen arbeiten in Teilzeit. In den USA kehren hingegen mehr als die Hälfte aller Mütter innerhalb von einem Jahr nach der Geburt zur Arbeit zurück - zwei Drittel sogar auf eine Ganztagesstelle." Hegewisch führt das zum Teil auf das Selbstverständnis der Amerikanerinnen zurück. "Feministinnen der 68er-Bewegung haben hierzulande viele Frauen dahingehend geprägt, dass sie im Beruf bloß keine Sonderstellung haben wollen." Die Diskussion etwa, ob es Müttern nicht freistehen sollte, einige Zeit mit ihren Kindern zu Hause zu verbringen, führte zwischen strengen und weniger rigiden Feministinnen zu regelrechten "Mommy-Wars".

Solche intellektuellen Kämpfe gehen an den meisten Frauen vorbei. Der Druck kommt von ganz woanders her, sagt Hegewisch: "Viele Frauen haben keine andere Wahl als zu arbeiten, denn es gibt in den USA weder Anspruch auf Mutterschaftsurlaub noch auf bezahlte Krankentage oder Urlaub, wenn ein Kind krank wird. Ohne Vollzeitjob haben diese Frauen keine Krankenversicherung für sich und ihre Kinder." Zumal einer von fünf US-Haushalten mit kleinen Kindern von einer allein erziehenden Mutter gemanagt wird. Nach Informationen des Nationalen Zentrums für Frauenrecht in Washington lebt eine von drei "Single Moms" in Armut. Besonders betroffen: schwarze Frauen und Latinos.

Ökonomische Lebenslage entscheidend

Frauen leiden besonders unter wirtschaftlichen Krisen, denn sie verdienen auch in den USA weniger als Männer. Daran hat sich auch knapp 90 Jahre nach dem ersten Kongress der Feministinnen in New York wenig geändert. Schon damals hatte die Feministin Crystal Eastman gegen die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern gewettert und optimistisch gesagt: "Hier ist schon ein Anfang gemacht. Das ist der leichteste Teil unseres Programms." Sie sollte sich täuschen. Ende 2007 verdienten Frauen im Schnitt nur 81 Prozent von dem, was ein Mann im selben Job erhielt.

Dabei ist das Frauen-Bild in der Bevölkerung ausgesprochen positiv. Die renommierte Denkfabrik PEW-Institut fand in einer Umfrage heraus, dass die meisten meinen, Frauen hätten ein höheres Maß an Ehrlichkeit, Intelligenz und Kreativität als Männer - und somit eigentlich bessere Voraussetzungen für eine Führungsposition. Allerdings: Nur sechs Prozent der Befragten meinten, dass Frauen auch die besseren politischen Führer sind. "Frauen erinnern an ein Sport- Team, das besser spielt und trotzdem verliert", meinten dazu die Experten.

Frauen in Führungspositionen

Die Realität spiegelt das wider: Frauen stellen weit über die Hälfte aller College-Studenten in den USA - aber noch nicht einmal 40 Prozent der Managerposten in der Privatwirtschaft. Weit mehr Frauen als Männer beenden in den USA erfolgreich ein Jurastudium. Aber in den Kanzleien arbeiten nur etwa zehn Prozent Frauen. Auch in der politischen Führung sieht es nicht rosig für die Frauen aus. Nur 17 Prozent der Abgeordneten im Repräsentantenhaus sind weiblich, nur 16 Prozent der Senatoren und Gouverneure.

Dass das für viele US-Bürger noch immer seine Richtigkeit hat, zeigt nach Ansicht des Internet-Frauennetzwerks "Women Count" die Reaktion auf die Frauen, die es an die Spitze der USA schaffen wollen. "Jetzt zeigt sich eine Frauenfeindlichkeit, wie wir sie in diesem Land nicht mehr für möglich gehalten hätten", meint Netzwerk- Sprecherin Rosemary Camposano. "Ein Wahlkampf, in dem Hillary Clinton im Fernsehen ungebremst als "weiße Zicke" oder gar "Teufelin" bezeichnet werden darf, oder Sarah Palin als "arrogante Verrückte", spreche für sich. Fest steht aber auch: 88 Jahre, nachdem sich die Amerikanerinnen mühsam das Wahlrecht erkämpft haben, buhlen alle um die Stimmen der Frauen. Immerhin stellen sie 54 Prozent der Wähler.

Antje Passenheim, dpa

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen