Politik

Kermani sieht Kultur bedroht "Im Nahen Osten geht die alte Welt unter"

Der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani hat im Mai im Bundestag eine so leidenschaftliche Rede gehalten, voller Liebe und Wut, dass sie bis heute nachklingt. Jetzt spricht er wieder: Diesmal über den Nahen Osten, der künftig eine andere Welt sein wird.

Navid Kermani

Navid Kermani

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Kölner Orientalist und Romanautor Navid Kermani sieht den Nahen Osten angesichts der sich zuspitzenden Konflikte in Syrien und dem Irak vor einer historischen Zeitenwende. "Da geht jetzt eine Welt unter. Da wird künftig eine andere Welt sein, aber nicht mehr die von vorher", sagte Kermani bei einer Lesung auf dem Erlanger Poetenfest.

Bei dem wichtigsten deutschen Literaturfestival im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse hatten sich bis zum Samstag rund 8000 Literaturfreunde über Buch-Neuerscheinungen informiert.

Kermani verglich das Ende des Nahen Ostens mit seinen vielen Kulturen, Sprachen und Religionen mit dem Wandel Europas nach dem II. Weltkrieg. "Im Nahen Osten wird die multikulturelle Vielfalt erlöschen. Und wenn diese Flamme einmal erloschen ist, wird man sie nicht mehr beleben können", sagte der 47 Jahre alte Orientalistik-Professor, der sich seit Jahren auch als Journalist und Prosa-Autor mit der Lage im Nahen Osten auseinandersetzt.

Das Ende des traditionellen Nahen Ostens werde mit einem großen Verlust an kultureller Vielfalt einhergehen. Schon jetzt beobachte er mit Sorge, dass in seinem Heimatland, dem Iran, nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung die traditionelle iranische Literatur kenne, die teils bis ins 12. Jahrhundert zurückreiche. Er komme sich auf seinen Iran-Reisen wie ein Archäologe vor, der versuche, wertvolle Kunstobjekte vor der Zerstörung zu bewahren.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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