Politik

Schwierige Gespräche zur Krim-Krise In Paris ist diplomatische Kunst nötig

Russische Militärs in der Krim-Hauptstadt Simferopol.

Russische Militärs in der Krim-Hauptstadt Simferopol.

(Foto: imago/ITAR-TASS)

Die diplomatischen Drähte glühen, ein Treffen jagt das andere: Trotz vielfacher Bemühungen ist eine Lösung der Krim-Krise nicht in Sicht. Russlands Außenminister Lawrow will in Paris seinen ukrainischen Kollegen nicht treffen. US-Außenminister Kerry ist dennoch guter Dinge. Derweil friert die EU Konten des gestürzten ukrainischen Präsidenten Janukowitsch ein.

Tro tz hektischer Krisen-Diplomatie ist es den westlichen Staaten noch nicht gelungen, Russland zu direkten Kontakten mit der neuen ukrainischen Regierung zu bewegen. Nach zahlreichen Krisengesprächen in Paris verließ der russische Außenminister Sergej Lawrow das französische Außenministerium, ohne seinen Kiewer Kollegen Andrej Deschtschiza getroffen zu haben. Die Verhandlungen sollen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich unzufrieden über das Gesprächsergebnis.

Alle Beteiligten hätten vereinbart, in den nächsten Tagen "Schritte der Deeskalation" zu unternehmen, sagte Steinmeier in der französischen Hauptstadt. Das Ziel einer Kontaktgruppe für die Ukraine sei aber nicht erreicht worden. "Ich bin nicht zufrieden mit dem Gesprächsergebnis, ich bin allenfalls zufrieden, dass die Betroffenen die Situation nicht weiter eskalieren wollen", äußerte der SPD-Politiker weiter.

Über mögliche EU-Sanktionen gegen Russland werde beim EU-Gipfel heute in Brüssel diskutiert, fügte Steinmeier hinzu. Ein Beschluss stehe zwar nicht unmittelbar bevor. Russland müsse aber "glaubwürdig unter Beweis" stellen, dass es an einer Normalisierung in der Ukraine interessiert sei. Andernfalls werde es "unausweichlich sein, dass in den nächsten Tagen auch über Sanktionen entschieden wird".

Die Außenminister der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und weiterer Länder hatten über Stunden vergeblich versucht, Lawrow an einen Tisch mit Deschtschiza zu bringen. Dabei trafen sich auch Lawrow und sein US-Kollege John Kerry erstmals seit Beginn der Krim-Krise. Moskau erkennt die neue Übergangsregierung in Kiew bislang nicht an - Lawrows Bekenntnis zu einer Fortsetzung der diplomatischen Bemühungen konnten daher als Teilerfolg gewertet werden.

Merkel telefoniert mit Putin

Sergej Lawrow und John Kerry im Gespräche mit Frankreichs Staatschef Francois Hollande und Außenminister Laurent Fabius.

Sergej Lawrow und John Kerry im Gespräche mit Frankreichs Staatschef Francois Hollande und Außenminister Laurent Fabius.

(Foto: AP)

Bevor er das Außenministerium verließ, sagte Lawrow: "Wir sind übereingekommen, diese Diskussionen in den nächsten Tagen fortzusetzen, um zu sehen, wie wir am besten helfen können, die Situation zu stabilisieren und die Krise zu überwinden." Deschtschiza sagte, er glaube weiterhin an einen "positiven Ausgang". Auch Kerry sagte, es sei eine Fortsetzung der "intensiven Diskussionen" mit Kiew und Moskau vereinbart worden. "Wir haben heute einen Prozess begonnen, von dem wir hoffen, dass er letztendlich zu einer Deeskalation führt", erklärte Kerry. "Wir haben eine Reihe von Ideen auf dem Tisch."

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin sprachen erneut über die Ukraine-Krise. Laut Kreml wurden dabei "Szenarien für eine internationale Zusammenarbeit" diskutiert, mit dem Ziel, die Lage in der Ukraine zu normalisieren.

Im Vorfeld des EU-Gipfels sagte die EU-Kommission der vom Staatsbankrott bedrohten Ukraine elf Milliarden Euro zu. Das auf mehrere Jahre angelegte Paket könne Kiew bei "ökonomischen und politischen Reformen" helfen, erklärte Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die USA boten Kiew vorerst eine Kreditbürgschaft von umgerechnet rund 725 Millionen Euro an.

Während US-Verteidigungsminister Chuck Hagel vor dem US-Kongress eine stärkere militärische Unterstützung Polens und der baltischen Staaten in Aussicht stellte, kündigte die NATO an, ihre Beziehungen zu Russland auf den Prüfstand zu stellen. Die Kooperation mit Russland werde in ihrer "gesamten Bandbreite" überprüft, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel.

Janukowitsch-Konten eingefroren

Auf der Krim blieb die Lage weiter angespannt. Russische Soldaten brachten nach Angaben der Regierung in Kiew zwei Raketen-Stützpunkte der ukrainischen Streitkräfte teilweise unter ihre Kontrolle. Der UN-Sondergesandte Robert Serry wurde von bewaffneten Männern bedroht und brach seine Vermittlungsmission auf der Halbinsel ab.

Die ukrainische Justiz ordnete unterdessen die Festnahme des prorussischen Krim-Regierungschefs Sergej Axjonow und des Präsidenten des Regionalparlaments, Wolodimir Konstantinow, an. Ihnen werden Bestrebungen zur Abspaltung der Krim vorgeworfen.

Im ostukrainischen Donezk wurden bei Zusammenstößen zwischen prorussischen Demonstranten und Anhängern der neuen Führung in Kiew etwa zehn Menschen verletzt. Prorussischen Aktivisten wurden kurzzeitig aus dem Sitz der Regionalregierung vertrieben, übernahmen wenige Stunden später aber wieder die Kontrolle über das Gebäude, das sie zu Wochenbeginn erstmals besetzt hatten.

Derweil sperrte die EU die Konten des früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch und von 17 weiteren Personen. Eine entsprechende Liste wurde online im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Sanktionen richten sich gegen Menschen, die die EU für die Veruntreuung oder Unterschlagung staatlicher ukrainischer Gelder oder für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich macht. Betroffen sind unter anderen auch der ehemalige Innenminister Vitali Sachartschenko, Ex-Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka, die frühere Justizministerin Jelena Lukasch, Ex-Regierungschef Nikolai Asarow und zwei Söhne von Janukowitsch.

Clinton mit Putin-Hitler-Vergleich

Indes sorgte die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton für Wirbel. Sie rückte den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Nähe von Adolf Hitler. Die ehemalige First Lady, die als aussichtsreiche Kandidatin für die Nachfolge von US-Präsident Barack Obama gilt, versuchte ihre vorherigen Aussagen zu erklären: "Ich wollte allen nur ein wenig historische Einordnung geben. Ich stelle natürlich keinen Vergleich an, aber ich schlage vor, dass wir vielleicht lernen aus dieser Taktik, die bereits angewendet wurde", sagte sie in Los Angeles. Clinton hatte bereits am Dienstag gesagt, die Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim sei ähnlich dem Vorgehen Hitlers in den Jahren vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.

Russische Streitkräfte kontrollieren derzeit de facto die Krim. Putin hat dies damit erklärt, russischstämmige Menschen beschützen zu wollen. Dies erinnere an Hitler, der für sich in Anspruch genommen habe, Deutsche in Osteuropa schützen zu müssen. Dies hatte die Frau des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton einem Bericht der Zeitung "Long Beach Press Telegram" bei einer Veranstaltung in Kalifornien gesagt.

Moderatorin verlässt Russia Today

Eine US-Moderatorin des kremlnahen TV-Senders Russia Today kündigte wegen Russlands Haltung im Ukraine-Konflikt vor laufenden Kameras ihren Job. "Ich kann nicht für einen von der russischen Regierung finanzierten Sender arbeiten, der die Taten Putins beschönigt", sagte Liz Wahl mit Blick auf den Kurs des russischen Präsidenten Putin in der Krim-Krise. Sie sei "stolz, eine Amerikanerin zu sein und glaube daran, die Wahrheit zu verbreiten". Daher werde sie ihren Job nach der Sendung aufgeben.

Einen Tag zuvor hatte bereits eine andere US-Moderatorin des Senders mit ihrer scharfen Kritik an Moskaus Politik überrascht. "Was Russland gemacht hat, ist falsch", sagte Abby Martin in ihrer Sendung in der englischsprachigen Ausgabe des Senders. "Militärinterventionen sind nie eine Lösung." Sie werde nicht herumsitzen und eine "militärische Aggression verteidigen". Russia Today distanzierte sich von Martins Äußerungen.

n-tv Korrespondent Dirk Emmerich ist in Simferopol und twittert von dort über die aktuelle Entwicklung auf der Krim-Halbinsel.

Quelle: ntv.de, wne/AFP/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen