Politik

Nach blutigstem Monat seit vier Jahren Irak hofft auf die Wahl

Der Fernsehturm von Bagdad im Sonnenuntergang.

Der Fernsehturm von Bagdad im Sonnenuntergang.

(Foto: AP)

Der Irak hat den blutigsten Monat seit vier Jahren hinter sich, jetzt leuchtet ein schwacher Hoffnungsschimmer am Horizont auf. Ein neuer Wahltermin ist bekannt gegeben worden. Die Wahl könnte vieles verändern, der Schlüssel für die Entwicklung des Landes liegt allerdings in Syrien.

Immer autoritäer: Ministerpräsident Maliki.

Immer autoritäer: Ministerpräsident Maliki.

(Foto: AP)

Die Meldungen aus dem Irak überraschen kaum noch jemanden. Woche für Woche wird von Dutzenden Toten berichtet, ein wenig Aufmerksamkeit bekam immerhin die Tatsache, dass im Oktober so viele Menschen ums Leben kamen, wie seit vier Jahren nicht mehr. Die Erinnerung an die Amerikaner ist dabei, zu verblassen, längst sind die einstigen Untertanen Saddam Husseins auf sich allein gestellt. Der Feldzug der USA hat zwar den verhassten Diktator vor mittlerweile zehn Jahren vertrieben - doch danach versank das Land in einem Bürgerkrieg, der erst 2008 abflaute. Auch die derzeitige Regierung bekommt die Lage einfach nicht in den Griff.

Für Zündstoff sorgt vor allem der Krieg im Nachbarland Syrien. Laut Gudio Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik ist dieser Anlass für das erneute Aufflammen der Gewalt. Dort sind es vor allem Sunniten, die gegen das Assad-Regime kämpfen - davon fühlten sich die irakischen Glaubensbrüder ermutigt. Die gingen in den vergangenen Monaten zu Zehntausenden gegen die Regierung des schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki auf die Straße. Sunniten gegen Schiiten, das ist die große Konflitklinie, die die Iraker trennt – wenn die Lager sich auch nicht geschlossen gegenüber stehen und auch untereinander oft zerstritten sind.

Am 30. April 2014 sollen die Iraker ein neues Parlament wählen, das hat der Vizepräsident Chudair al-Chusaje auf der Website des Präsidialamtes angekündigt. Diplomaten und Experten hoffen nun, dass die Wahl eine Lösung der aktuellen politischen Krise ermöglicht. Klare Mehrheiten könnten einer neuen Regierung endlich mehr Handlungsspielraum verschaffen. Denn es gibt drängende Probleme.

Maliki regiert immer autoritärer

Schwere Waffen aus den USA soll die irakische Regierung nicht bekommen, so Obama.

Schwere Waffen aus den USA soll die irakische Regierung nicht bekommen, so Obama.

(Foto: REUTERS)

Manche munkeln, dass der Ministerpräsident mittlerweile selbst das Problem ist. Zu machtversessen sei er, wolle als Schiit nicht die Macht mit der sunnitischen Minderheit und den Kurden teilen. Sunnitische Minister, die Maliki immerhin berufen hatte, empören sich unter anderem darüber, dass vereinbarte Reformen im Gas- und Ölsektor nicht umgesetzt wurden. In der Folge boykottierten sie die Kabinettssitzungen.  Es kam zum Streit. Führende sunnitische Politiker wurden plötzlich zu Kriminellen erklärt, Anfang 2013 gipfelte Malikis "konfessionelle Paranoia" darin, dass Haftbefehl gegen den populären sunnitischen Finanzminister Rafi al-Isawi erlassen wurde. Die Menschen demonstrierten zu Zehntausenden gegen die Regierung, die die Kundgebungen teils brutal unterdrückte. Seitdem gibt es immer mehr Anschläge, immer mehr Verletzte und immer mehr Tote.

Die Lage droht, aus dem Ruder zu laufen. Kaum noch ein Tag vergeht, ohne dass sich irgendwo im Land ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengt. 5400 Menschen wurden seit Januar getötet, davon laut UN allein 979 im Oktober. Die meisten Opfer waren Zivilisten. Nur im April 2008 waren mehr Menschen getötet worden. Am Tag der Verkündung des neuen Wahltermins starben mindestens 39 Menschen durch Terroranschläge und Überfälle. 56 wurden verletzt.

Amerikaner sollten Waffen liefern

Malikis Antwort auf die Gewalt ist Gegengewalt. Moderne Waffen müssen her, glaubt er. Dafür reiste er vergangene Woche nach Washington, weilte dort tagelang, um bei US-Präsident Obama für Militärhilfen zu werben. Doch der hält sich zurück, spricht nur allgemein über den Anti-Terrorkampf. Drohnen, Hubschrauber und Raketen habe Maliki gewollt, hieß es, doch die wird er nicht bekommen – der große Verbündete USA möchte den Irakern keine schweren Waffensysteme liefern.

Zur Ruhe kommen wird der Irak erst einmal nicht. Sollte sich der syrische Diktaktor Assad, wie es sich abzeichnet, an der Macht halten können, könnte dies die Sunniten im Nachbarland entmutigen. Sollte er stürzen, könnte die Gewalt im Irak explodieren, heißt es im Papier der Stiftung Wissenschaft und Politik. Doch der Syrienkrieg ist bloß ein Anlass für das Aufflammen der Gewalt – nicht ihre eigentliche Ursache. Die tiefe Spaltung der irakischen Gesellschaft wird fortbestehen. Es dürfte sich das fortsetzen, was Experten "dauerhafte Instabilität" nennen. So oder so dürften die Berichte von Anschlägen im Irak nicht abreißen.

Quelle: ntv.de, mit AFP/dpa

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