Politik

Olmert zwischen Frieden und Krise Israel räumt illegale Siedlungen

Aus Protest gegen die Wiederaufnahme der Nahost-Friedensverhandlungen hat in Israel eine ultrarechte Partei ihren Rückzug aus der Regierung angekündigt und damit eine Koalitionskrise ausgelöst. Zugleich forderte der Vorsitzende der Einwandererpartei Israel Beitenu (Israel unser Haus), Avigdor Lieberman, in Jerusalem Neuwahlen. Die Regierung von Ministerpräsident Ehud Olmert verfügt nach dem Rückzug der elf ultrarechten Abgeordneten jetzt nur noch über eine Mehrheit von 67 der 120 Sitze in der Knesset, dem israelischen Parlament.

Nach israelischen Angriffen auf den Gazastreifen hat die radikal-islamische Hamas Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zum Abbruch der Friedensgespräche aufgerufen. Es reiche nicht, die Aggression Israels zu verurteilen, sagte Hamas-Führer Chaled Maschaal im syrischen Damaskus. Die Palästinenserbehörde müsse die nutzlosen Verhandlungen stoppen.

Friedensgespräche fortsetzen


Olmert kündigte an, dass er trotz des Ausscheidens eines der fünf Koalitionspartner die Friedensgespräche mit den Palästinensern fortsetzen wolle. Verhandlungen mit den Palästinensern seien die einzige Möglichkeit, Frieden und Sicherheit für Israels Bürger zu erreichen, sagte Olmert nach Angaben eines Sprechers in Jerusalem.

Der israelische Regierungschef reagierte damit auf die Begründung Liebermans für den Rückzug aus der Regierung. Aus Sicht Liebermans, der auch Minister für strategische Angelegenheiten ist, sind die am Montag begonnen Friedensgespräche auf der Grundlage des Prinzips "Land für Frieden" ein "verhängnisvoller Fehler". Die Richtlinie müsse vielmehr ein Austausch von Gebieten und Bevölkerungsgruppen sein.

Austausch von Städten und Dörfern

Lieberman vertritt die umstrittene Auffassung, dass im Zuge einer Friedenslösung mit den Palästinensern jüdische Siedlungen im Westjordanland gegen arabische Städte und Dörfer in Israel getauscht werden sollten. Dies lehnen die arabischen Parteien in Israel ab. Der arabische Abgeordnete Ahmed Tibi begrüßte deshalb das Ausscheiden der Partei Liebermans. Damit hätten Rassismus und Faschismus einen Vertreter in der Regierung verloren, sagte er.

Lieberman hatte seit der Nahost-Konferenz von Annapolis Ende November ständig mit dem Austritt aus der Koalition gedroht, falls die Regierung in den Friedensverhandlungen mit den Palästinensern über Kernfragen des Nahost-Konfliktes verhandeln sollte. Dazu gehören die Grenz-, Flüchtlings- und Jerusalemfrage.

Zwischenfälle im Gazastreifen und im Westjordanland

Bei blutigen Zwischenfällen im Gazastreifen und im Westjordanland sind mindestens sechs Palästinenser getötet worden. Nach dem Tod von drei Zivilisten im Gazastreifen sprach eine israelische Militärsprecherin von einem Fehler. Ziel sei ein Fahrzeug mit militanten Palästinensern gewesen, die Raketen auf Israel abgefeuert hätten. Die israelische Armee habe nicht die Absicht, unbeteiligte Zivilisten zu beschießen. Am Abend starben zwei weitere Palästinenser bei einem neuen Luftangriff auf ein Auto. Das Fahrzeug habe Waffen geladen gehabt, sagte ein Armeesprecher.

Im Westjordanland töteten Soldaten einen Anführer der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Nach Krankenhausangaben handelte es sich um den 38-jährigen Walid Obeidi, der nahe Dschenin im nördlichen Westjordanland erschossen worden sei. Beim blutigsten israelischen Militäreinsatz seit mehr als einem Jahr im Gazastreifen waren am Dienstag 19 Palästinenser ums Leben gekommen.

Als Reaktion feuerten militante Palästinenser mehr als 50 selbst gebaute Kassam-Raketen aus dem Gazastreifen ab, von denen nach Armeeangaben 24 in Israel einschlugen. Ein Israeli sei leicht verletzt worden. Mehrere Personen hätten wegen Angst- und Schockzuständen in Krankenhäusern behandelt werden müssen.

Illegale Siedlungen geräumt

Inzwischen haben israelische Polizisten erstmals seit der Nahost-Konferenz von Annapolis zwei illegale und nicht genehmigte Außenposten jüdischer Siedler im Westjordanland geräumt. Dabei habe es keine gewaltsamen Zwischenfälle gegeben, sagte Polizeisprecher Micky Rosenfeld in Jerusalem.

Die fünf Bewohner des Außenpostens Har Harchevi bei Nablus seien vor dem Eintreffen der Polizei verschwunden. Auch die 20 Siedler in Shvut Ami bei Nablus hätten sich nicht gegen die Räumung gewehrt.

Nach dem Nahost-Friedensplan hätte Israel bereits 2003 mit der sofortigen Räumung aller seit März 2001 errichteten Außenposten beginnen müssen. Während der Nahost-Konferenz von Annapolis Ende November 2007 einigten sich Israel und Palästinenser, ihre Friedensgespräche fortzusetzen. Zuletzt hatte US-Präsident George W. Bush während seines Israel-Besuches in der vergangenen Woche angemahnt, dass die Außenposten verschwinden müssten.


Grund und Boden besetzen


Nach Angaben der israelischen Friedensbewegung Peace Now haben jüdische Siedler mehr als 100 nicht genehmigte, wilde Außenposten mit der Absicht errichtet, vor einem Friedensvertrag mit den Palästinensern so viel Grund und Boden wie möglich im Westjordanland zu besetzen. Seit dem Sechstagekrieg von 1967 hat Israel nach Angaben der Menschenrechtsorganisation B'tselem außerdem 135 Siedlungen im besetzten Ostjerusalem sowie im Westjordanland gebaut.

Quelle: ntv.de

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